Deutscher Berufs- und Erwerbsimkerbund e.V.
Neue Honigverordnung bringt auch neue Risiken für Honig und Verbraucher
Die neue Kennzeichnungspflicht für Honigmischungen soll mehr Transparenz für Verbraucher schaffen. Gleichzeitig wurden jedoch Änderungen eingebaut, die wieder neue Möglichkeiten für Verfälschungen eröffnen. Der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund (DBIB) weist auf erhebliche Auswirkungen der vom Bundesrat beschlossenen „Zweiten Verordnung zur Änderung der Honigverordnung“ (Drucksache 418/25) hin.
Chancen der Kennzeichnung: Mehr Klarheit über die Herkunft
Ab dem 14. Juni 2026 müssen alle Honigmischungen künftig sämtliche Ursprungsländer auf dem Etikett angeben und in absteigender Reihenfolge mit Prozentangabe aufführen. Beispiel: „Ursprungsländer: Deutschland 60 %, Spanien 25 %, Ungarn 15 %“. Für kleine Verpackungen unter 30 Gramm sind ISO-Ländercodes erlaubt. Diese Regelung verbessert nach Einschätzung des Berufsimkerbunds die Rückverfolgbarkeit und erschwert die Tarnung von Importhonigen. „Verbraucher sehen künftig endlich, wie viel echter deutscher Honig wirklich in der Mischung steckt“, so Bernhard Heuvel, Vizepräsident des DBIB.
Neue Schlupflöcher geschaffen: „Backhonig“ ersetzt „gefilterten Honig“
Neu ist auch, dass die Verordnung die bisherige Kategorie des „gefilterten“ Honigs abschafft. Stattdessen laufen diese nun auch untern dem de Begriff „Backhonig“. Dieser darf somit künftig auch Honige umfassen, die erhitzt oder gegoren wurden, Fremdgeschmack entwickelt haben oder bei denen Pollen in erheblichem Maße entfernt wurden. Das Bundesministerium will damit minderwertige oder stark bearbeitete Honige klar von naturbelassenem Speisehonig trennen. Der DBIB begrüßt diese Unterscheidung grundsätzlich, sieht aber mittlerweile nach gründlicher und längerer Prüfung, dass hier neue Schlupflöcher für industrielle Verfälschung eröffnet wurden (siehe unten).
Übergangsregelung und Kosten
Die neuen Vorschriften gelten ab 14. Juni 2026. Honig, der vorher hergestellt und gekennzeichnet wurde, darf bis zur Erschöpfung der Bestände verkauft werden. Betroffen sind davon vor allem große Abfüllbetriebe, die Mischhonige vertreiben. Kleinimkereien und Direktvermarkter bleiben weitgehend unberührt. Laut Bundesratsdrucksache entstehen der Wirtschaft einmalige Anpassungskosten von rund 634 000 Euro und jährliche Mehrkosten von etwa 635 000 Euro – hauptsächlich für neue Etiketten. Ein Preisanstieg von mindestens 5 % bei Honigmischungen gilt als wahrscheinlich.
Positiv: Mehr Transparenz für Verbraucher und heimische Imker
Für Verbraucher bedeutet die Verordnung zunächst mehr Transparenz über Herkunft und Zusammensetzung. Für deutsche Imker eröffnet sich die Chance, regionale Qualitätsprodukte deutlicher von anonymen Importmischungen abzugrenzen. Die Kennzeichnungspflicht könnte langfristig das Vertrauen in heimischen Honig stärken.
Risiken: Neue Einfallstore für Betrug geschaffen
Trotz der positiven Ansätze sieht der DBIB erhebliche Risiken für die Echtheit von Honig durch die Erweiterung der Kategorie "Backhonig“:
- Zucksirup als Backhonig: Honig, dem Pollen weitgehend entzogen wurde, darf nun als „Backhonig „bezeichnet werden. Dadurch können aber auch industriell raffinierte Zuckersirupe (ohne DNA und Pollen) leichter als „Backhonig“ verkauft werden. Die Grenze zwischen minderwertigem Honig und künstlichen Mischungen verschwimmt.
- Wegfall von Pollen als Echtheitsmarker: durch die Legalisierung von Honigen mit „erheblicher Pollenentfernung“ als „Backhonig“ wird die mikroskopische und genetische Echtheitsprüfung faktisch ausgehebelt – ein massiver Rückschritt im Kampf gegen Honigfälschungen.
- Umgehung der Reinheitskontrolle: Da „Backhonig“ als Zutat für industrielle Verarbeitung erlaubt ist, könnte er zur Reimport-Schleuse für minderwertige Honige aus Drittländern (z. B. China, Türkei, Ukraine) werden, die nach Umetikettierung wieder exportiert werden.
- Verbotener Filterhonig wieder da: Auch hochverarbeitete, gefiltert oder ultragereinigte, sirupartige Honige könnten künftig als „Backhonig“ bezeichnet und legal eingeführt werden – was früher verboten war.
- Verschleierung in der 5%-Toleranz: die erlaubte Toleranz von fünf Prozent bei der Herkunftsangabe erlaubt rechnerische Spielräume, die die tatsächlichen Anteile ausländischen Honigs verschleiern können.
„Die neue Honigverordnung darf kein Einfallstor für Industriehonig werden“
Davor warnt der DBIB-Vorstand und fordert,
- die Definition von „Backhonig“ zu präzisieren,
- die Pollenanalyse als verbindliches Echtheitskriterium zu erhalten und
- eine statistische Erfassung der in Deutschland verarbeiteten Mengen an Backhonig einzuführen, um Missbrauch zu verhindern und Transparenz sicherzustellen. Denn bislang liegen hierzu keine amtlichen Zahlen vor: Laut Bundesministerium werden keine separaten Mengenstatistiken für „gefilterten“ oder „Backhonig“ geführt.
Die Neuregelung ist grundsätzlich ein richtiger Schritt in Richtung Verbrauchertransparenz. Dennoch ist sie in der derzeitigen Form auch ein Warnsignal für den Schutz echter Imkerei. Der DBIB wird sich aktiv dafür einsetzen, dass die neue Honigverordnung nicht zur Legitimierung von industriell manipulierten Honigen führt, sondern echten, naturbelassenen Honig stärkt.
Quellen:
Drucksache 418/25: https://berufsimker.de/wp-content/uploads/2025/10/Bundesrat-Drucksache-0418-25.pdf
30.10.2025/Berufsimkerbund/Janine Fritsch
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