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Westfalenpost: Kommentar zum US-Einsatz in Syrien

Hagen (ots)

Wer mit roten Linien droht, der muss auch handeln, wenn sie überschritten werden. Sonst steht er in den Augen seiner Gegner als Schwächling da. Diese Argumentation ist Donald Trumps Triebfeder für den Luftschlag gegen Syrien. Seit fast sechs Jahren führt Baschar al-Assad dort einen barbarischen Krieg gegen große Teile der eigenen Bevölkerung. Versuche, den Frieden mit diplomatischen Mitteln herbeizuverhandeln, blieben erfolglos, auch weil Assads Verbündeter Russland kein Interesse an einem Sturz des Machthabers hat. Aus dieser Perspektive - und nur aus dieser - handelt der US-Präsident konsequent. 77 Tage nach der Amtsübernahme will er allen (insbesondere seinen Wählern) beweisen, dass er der starke Anführer der sogenannten freien Welt ist. Trumps Taktik könnte sogar zum Erfolg führen. Vielleicht zwingt der neue Kurs die verfeindeten Parteien ja tatsächlich zurück an den Verhandlungstisch. Vielleicht sehen Assad und Putin ein, dass mit den USA nicht mehr zu spaßen ist. Vielleicht stoppen die Chinesen ihre Unterstützung der syrischen Armee. Vielleicht schwenkt sogar der Iran um. Allerdings sind das verdammt viele Vielleichts; sie alle haben das Zeug, die Hoffnung zu zerstören. Es gibt einfach noch zu viele offene Fragen. Leider haben die USA wieder keine nachhaltige, langfristige Strategie für die Zeit nach den Militärschlägen. Denn was passiert nun? Darf Assad weiter Bomben auf sein eigenes Land werfen, nur eben nicht mit Chemikalien gefüllt? Was würde aus der Region, sollte Assad verschwinden? Wer füllt das Machtvakuum? Die Terroristen des Islamischen Staates stehen schon bereit. Wie entscheidet Trump nächste Woche? Wieder aus dem Bauch? Noch vor gut einer Woche hat die US-Regierung dem syrischen Präsidenten den Rücken gestärkt, jetzt will sie ihn loswerden, weil er mutmaßlich für den Chemiewaffeneinsatz verantwortlich ist. Bewiesen ist das noch nicht. Wankelmut ist ein schlechter Ratgeber. Bundeskanzlerin Merkel, Außenminister Gabriel, Frankreichs Präsident Hollande und die Nato haben gestern erstaunlich viel Verständnis für den Einsatz der US-Marschflugkörper gezeigt, obwohl der ohne UN-Mandat und daher völkerrechtswidrig erfolgte. Auch diese Reaktion zeigt das Dilemma der verfahrenen Situation in der Krisenregion auf: Weil im Westen niemand einen Plan hat, wie es in Syrien weitergehen soll, sind alle froh, dass die USA erst einmal die Drecksarbeit übernehmen. Kommende Woche treffen US-Außenminister Tillersen und der russische Präsident zum ersten direkten Gespräch zwischen Putin und einem Mitglied der neuen US-Regierung aufeinander. Eigentlich sollte es dabei um die Spionagevorwürfe gegen Russland und die Rolle Moskaus im US-Wahlkampf gehen. Dieses für ihn unangenehme Thema hat Trump mit dem Abfeuern von Marschflugkörpern erst einmal abgeräumt. Damit kann man leben. Viel wichtiger ist, dass dieses Spitzentreffen das Verhältnis der beiden Supermächte nicht weiter belasten darf. Sonst droht der Welt eine Eskalation, die noch weit mehr Schrecken und Elend verbreiten könnte als der Stellvertreterkrieg in Syrien. Trump hat vorgelegt, Putin muss reagieren. Ob ihm diese Rolle behagt, wird sich schon bald zeigen.

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