Alle Storys
Folgen
Keine Story von Öko-Institut e.V. mehr verpassen.

Öko-Institut e.V.

Luftverkehr: Privilegien runter, Klimaschutz rauf

Ein Dokument

Pressemitteilung

Freiburg/Berlin, 24. Mai 2021

Luftverkehr: Privilegien runter, Klimaschutz rauf

Deutschland sollte sich für eine EU-weite Besteuerung des Kerosins für Flugzeuge einsetzen und die Luftverkehrsteuer so erhöhen, dass hierdurch die fehlende Mehrwertsteuer auf internationale Flüge ausgeglichen wird. Mit diesen und weiteren Vorschlägen kann die heute bestehende Bevorteilung des Luftverkehrs gegenüber anderen Verkehrsmitteln wie der Bahn beendet und stärkere Anreize zur Senkung der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen gesetzt werden. Das zeigt eine aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität.

„Der Luftverkehr ist die umweltschädlichste Form der Fortbewegung und hat gleichzeitig zahlreiche Privilegien gegenüber anderen Verkehrsträgern“, betont Anne Siemons, Wissenschaftlerin am Öko-Institut, „so ist etwa das Kerosin von der Energiesteuer befreit; auf Flüge, die deutsche Grenzen überschreiten, fällt keine Mehrwertsteuer an. Diese Subventionen sind klimaschädlich und sollten daher gestrichen werden.“

Luftverkehr in der EU und international regulieren

Um Klimaschutz im Luftverkehr voranzubringen, sollten außerdem der EU-Emissionshandel (EU ETS) und das internationale Abkommen CORSIA wirkungsvoller ausgestaltet werden. Bei der anstehenden Reform des EU ETS sollte die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten für den Flugverkehr beendet und stattdessen alle Zertifikate versteigert werden. „Der Luftverkehr erhält weiterhin einen großen Teil der Zertifikate umsonst, obwohl es keine Gefahr gibt, dass er in andere Teile der Welt ‚abwandert‘“, sagt Jakob Graichen, Wissenschaftler am Öko-Institut. Zudem sollte der EU ETS weiterhin für alle innereuropäischen Flüge gelten.

Auf internationaler Ebene sollte sich Deutschland dafür einsetzen, dass das internationale Programm CORSIA zur Reduktion und zum Ausgleich von CO2-Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr einen echten Beitrag zum Klimaschutz leistet. 2022 wird CORSIA erstmalig überprüft, eine Gelegenheit wichtige Verbesserungen umzusetzen. Dazu gehören ein Nullemissionsziel für den Luftverkehr bis 2050, ambitioniertere Zwischenziele bis 2035, Beimischungsquoten für synthetische Kraftstoffe („E-Fuels“) sowie schärfere Anforderungen an die Qualität der Kompensationszertifikate.

„Derzeit hat CORSIA so gut wie keine Klimawirkung – das muss sich dringend ändern, wenn das Programm überhaupt eine Zukunft haben soll“, konstatiert Dr. Lambert Schneider, Forschungskoordinator für internationale Klimapolitik am Öko-Institut. „Mittelfristig sollten sowohl der EU ETS und als auch CORSIA die gesamte Klimawirkung des Fliegens einbeziehen, denn die CO2-Emissionen allein machen nur etwa ein Drittel der Klimawirkung aus.“

Hintergrund: Klimaschutz im Luftverkehr heute

Laut dem Dachverband der Fluggesellschaften IATA verursachte der Luftverkehr im Jahr 2018 etwa 905 Millionen Tonnen CO2. Dies entspricht etwa 2,4 Prozent aller vom Menschen verursachten CO2-Emissionen. Wäre der Luftverkehr ein Staat, stünde er damit an sechster Stelle in der Liste der größten Emittenten weltweit.

In Deutschland ist der Anteil des Luftverkehrs mit rund 3,6 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen noch höher; in der EU sind es 4,1 Prozent. In Deutschland machen dabei die Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr etwa 94 Prozent aus. Ein Viertel davon entfallen auf Flüge in andere EU-Staaten, etwas weniger als drei Viertel auf Flüge in Nicht-EU-Staaten; etwa sechs Prozent der Emissionen entstehen durch innerdeutsche Flüge. Zudem stiegen in Deutschland die Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr von 1990 bis 2018 um fast 150 Prozent, in der EU nahmen sie um etwa 140 Prozent zu.

Die klimaschädigende Wirkung des Luftverkehrs geht dabei deutlich über die CO2-Emissionen hinaus. Denn neben dem direkten Ausstoß von Treibhausgasen hat der Luftverkehr weitere schädliche Auswirkungen auf das Klima durch Wolkenbildung und andere chemische Prozesse, sogenannte Nicht-CO₂-Effekte. Insgesamt ist der Beitrag des Luftverkehrs zur Erderhitzung im globalen Durchschnitt etwa drei Mal so groß wie der Beitrag der CO2-Emissionen allein.

Studie „Möglichkeiten zur Regulierung der Klimawirkungen des Luftverkehrs“ des Öko-Instituts

Website „Fliegen und Klimaschutz“ mit umfangreichen Informationen des Öko-Instituts zum Klimaschutz im Luftverkehr

Infografiksammlung „Luftverkehr und Klimaschutz“ des Öko-Instituts (kostenfreie Nutzung)

Ansprechpartner am Öko-Institut

Dr. Lambert Schneider

Forschungskoordinator für internationale Klimapolitik

Institutsbereich Energie & Klimaschutz

Öko-Institut e.V., Büro Berlin

Telefon: +49 30 405085-304

E-Mail: l.schneider@oeko.de

Jakob Graichen

Senior Researcher im Institutsbereich

Energie & Klimaschutz

Öko-Institut e.V., Büro Berlin

Telefon: +49 30 405085-366

E-Mail: j.graichen@oeko.de

Das Öko-Institut ist eines der europaweit führenden, unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstitute für eine nachhaltige Zukunft. Seit der Gründung im Jahr 1977 erarbeitet das Institut Grundlagen und Strategien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann. Das Institut ist an den Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin vertreten.

www.oeko.de | blog.oeko.de | twitter.com/oekoinstitut | www.oeko.de/e-paper

Öko-Institut e.V.
Mandy Schoßig
Öffentlichkeit & Kommunikation
Borkumstraße 2
D-13189 Berlin
Tel: +49 30 405085-334 
m.schossig@oeko.de
Weitere Storys: Öko-Institut e.V.
Weitere Storys: Öko-Institut e.V.
  • 20.05.2021 – 11:04

    Fliegen und Klimaschutz: „Es bedarf politischer Entscheidungen“

    Pressemitteilung Freiburg/Berlin, 20. Mai 2021 Fliegen und Klimaschutz: „Es bedarf politischer Entscheidungen“ Ist ein klimaneutraler Flugverkehr in der Zukunft möglich? Jein, sagt Jakob Graichen, Senior Researcher am Öko-Institut, in der zweiten Episode des Podcasts „Wenden bitte! Der Podcast ...

    Ein Dokument
  • 18.05.2021 – 11:05

    Wie nachhaltig sind digitale Plattformen für Lebensmittel und Mobilität?

    Pressemitteilung Freiburg/Berlin, 18. Mai 2021 Wie nachhaltig sind digitale Plattformen für Lebensmittel und Mobilität? Digitale Plattformen können Lösungen für Nachhaltigkeitsherausforderungen bieten. So erleichtern sie den Zugang zu nachhaltigen Lebensmitteln und zu Mobilität jenseits des ...

    Ein Dokument
  • 11.05.2021 – 13:02

    Neue Studie für einen CO2-Mindestpreis für den deutschen Stromsektor

    Sehr geehrte Damen und Herren in den Redaktionen, Ein nationaler Mindestpreis für CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung gibt verlässliche Signale für mehr Investitionen in klimaschonende Technologien. Er trägt damit zur schnellen Umstellung der Stromerzeugung auf erneuerbaren Quellen (Dekarbonisierung) in Deutschland bei. Im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität ...