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WAZ: Bush besucht Deutschland: Nicht in neuer Demut, nicht in alter Arroganz - Kommentar von Markus Günther

Essen (ots)

Was ist das für ein amerikanischer Präsident, der da
nach Deutschland kommt? Ist das noch der Rambo der internationalen
Politik, der sich den Teufel schert um die Verbündeten im „alten
Europa”? Oder ist das ein neuer, ganz anderer Bush, fußlahm und
handzahm, innenpolitisch geschwächt und außenpolitisch ratlos, der
jetzt Zuspruch und Hilfe ausgerechnet bei den zwischenzeitlich
verschmähten Deutschen sucht?
Nein, das alles sind klischeehafte Übertreibungen. Bush kommt
nicht in neuer Demut, aber auch nicht in alter Arroganz. Unverkennbar
hat Bush heute ein ganz anderes Interesse an der Zusammenarbeit mit
der deutschen Regierung als in den letzten Jahren der rot-grünen
Koalition. Das dritte Zusammentreffen mit der deutschen Kanzlerin in
sechs Monaten und ein Besuch in ihrem heimatlichen Wahlkreis – das
geht weit über das hinaus, was in der Zusammenarbeit mit einer
wichtigen europäischen Regierungschefin notwendig ist.
Die Charmeoffensive hat persönliche Gründe – Bush mag Merkel, und
er konnte Schröder nicht leiden –, aber ebenso politische Ursachen –
Bush versucht, die Beziehungen der USA zu den Ländern, die den Irak-
Krieg abgelehnt haben und im Gegenzug von den USA zu Verbündeten
zweiter Klasse herabgestuft wurden, zu verbessern. Auch wenn Bush
weit davon entfernt ist, die Entscheidung für den Sturz Saddam
Husseins im Rückblick für einen Fehler zu halten, hat er doch
inzwischen verstanden, wie kurzsichtig außenpolitische Alleingänge
sind und wie hoch der diplomatische Kollateralschaden ist, wenn man
traditionelle Verbündete kurzerhand für bedeutungslos erklärt. Die
nächste Krise kommt bestimmt.
Die Auseinandersetzung mit den Nuklearambitionen des Iran und die
Provokationen Nordkoreas sind Herausforderungen, denen auch die
amerikanische Supermacht allein nicht gewachsen ist. Die Zeit der
Allmachtsfantasien ist in Washington vorbei; die Notwendigkeit
mühsamer internationaler Zusammenarbeit ist erkannt worden.
Besser als durch alle taktischen Interpretationen erklärt sich
Bushs bemerkenswertes Interesse an Deutschland vielleicht einfach aus
den veränderten Machtverhältnissen im Weißen Haus: Rumsfeld und
Cheney, die Köpfe hinter dem Irak-Krieg und der rabiaten
amerikanischen Außenpolitik, haben aber nur noch wenig Einfluss auf
Bush. Es ist Condoleezza Rice, die jetzt das tut, was Colin Powell
immer versucht, aber nie geschafft hat: Sie erklärt dem Präsidenten,
wie Außenpolitik funktioniert.

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