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WAZ: Die Stunde der Stereotype - Kommentar von Dirk Hautkapp

Essen (ots)

Streng gläubige Muslime. Jungmänner. Tschetschenen. Nach Amerika geflohen. Vater und Mutter getrennt. Die Integration stockt. Fremdeln mit dem "american way of life". Vom islamistischen Hass-Virus befallen. Radikalisierung durch das Internet. Oder Wutprediger aus Fleisch und Blut. Schleichende Abnabelung. Rachegelüste. Am Ende das Blutbad am Marathonziel. Dschochar Zarnajew war gestern noch auf der Flucht, verfolgt von der größten Polizei-Armada, die Amerika seit langem gesehen hat, da kursierten in US-Medien die ersten Analyse-Schlagworte. Sie sollen die Tragödie von Boston fassbar machen. Die Wahrheit ist: Sie stiften Verwirrung. Sie recyceln Stereotype. Geben wir zu, was wir bisher wirklich wissen: fast nichts. Was die Brüder abdriften ließ, liegt im Nebel der Spekulation. Dass sie ihre frühen Kindheitstage in moralisch wie politisch kaputten Überbleibselstaaten der früheren Sowjetunion verbrachten, kann viel bedeuten - oder nichts. Zehn Jahre ist es her, dass sie da waren. Aufklärung braucht Zeit. Dagegen steht die aufgeblasene Verdachtsberichterstattung, in der sich Echtzeitmedien wie soziale Netzwerke durch horrende Fehlerquoten als Fluch erweisen und nicht als Segen. Wo haben die Männer gelernt, mit Waffen und Bomben umzugehen? Waren sie in Vorbereitung und Durchführung allein? Gab es Helfershelfer? Handelten sie aus selbstgebastelten Rachegespinsten oder waren sie durch Dritte inspiriert? Standen sie im Kontakt zu Terrornetzwerken? Sollte Boston das einzige Ausrufezeichen sein oder waren weitere Anschläge geplant? Es wird lange dauern, bis die Fahnder Wege und Weltsicht, Umfeld und Leben der Einwanderer-Söhne so detailliert rekonstruiert haben werden, dass sich belastbare Schlüsse und Lehren ziehen lassen. Bis dahin bleibt eine bestürzende Tatsache: Die Brüder Zarnajew wurden einst von Amerika mit offenen Armen und allen Chancen aufgenommen. Revanchiert haben sie sich mit Bomben, die ahnungslosen Mitmenschen Beine und Arme abgerissen haben. Widerwärtig. Krank. Böse.

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