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WAZ: Ist der Euro kein Deutscher mehr? - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Wenn urplötzlich nun die Bundesregierung öffentlich über eine Pleite der Griechen spekuliert, verbirgt sich dahinter womöglich ein Ablenkungsmanöver. Vielleicht geht es ja schon gar nicht mehr um die Griechen, sondern längst um etwas, das schwerer wiegt: die Verfassung des Euro. Das Ende der D-Mark und die Einführung des Euro wurde den Deutschen mit dem Versprechen schmackhaft gemacht, die neue Europäische Zentralbank (EZB) werde so unabhängig sein wie die deutsche Bundesbank. Mit dieser Unabhängigkeit ist es nicht mehr weit her. Seit gestern kauft die EZB italienische und spanische Staatsanleihen, was nichts Geringeres ist als ein klarer Bruch des EU-Vertrages. Der Grund ist politischer Druck aus den Euro-Mitgliedsländern. Das dürfte der eigentliche Grund für den Rücktritt des EZB-Chefvolkswirts Jürgen Stark sein. Der war schon immer dagegen, die Bank als Instrument zur Stützung schwacher Staaten zu missbrauchen. Er musste erkennen, dass die Deutschen mit ihrer an der Geldwertstabilität orientierten Politik in Europa in die Minderheit geraten waren. Inzwischen hat die Politik gleich reihenweise Euro-Versprechen gebrochen. Längst hauen starke finanzschwache Länder heraus, obwohl das gegen den Maastricht-Vertrag verstößt. Und nun steht, über den Anleihekauf, die Unabhängigkeit der EZB zur Diskussion. Fatal ist, dass es innerhalb der Bank zu einem Machtkampf zwischen laxen und strengen Geldverwaltern gekommen ist. Und schon bald übernimmt ein Italiener den Vorsitz der EZB, der Chef der italienischen Notenbank, Draghi. Und Italien hängt an der vertragswidrigen Stützung über Anleihekäufe durch Europas Zentralbank. Das alles ist schwer zu durchschauen und wird den Deutschen auch nicht erklärt. Zwar bereitet die Bundesregierung das Volk inzwischen auf eine Pleite der Griechen vor, aber über die Veränderung des Euro in den vergangenen beiden Jahren wird nicht gesprochen. Das soll totgeschwiegen werden. Kein Wunder: Die Deutschen sind schon mehrheitlich gegen den Versuch, Griechenland zu retten. Wüssten sie, dass der Euro immer mehr zum Wachs in den Händen notleidender Politiker wird, würde ihr Vertrauen in den Euro und die Politik insgesamt noch weiter sinken. Fazit: Was gerade mit dem Euro passiert, bestätigt jene Kritiker, die vor zehn Jahren vor dessen Einführung warnten. Das wiegt schwerer als die Krise nur eines Landes.

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