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WAZ: Die Atomenergie - Kein Konzept für die Ewigkeit. Leitartikel von Jürgen Polzin

Essen (ots)

Viele Jahre hat die Atomwirtschaft auf die
politische Kehrtwende gehofft. Nun sieht sie die Stunde der Wahrheit 
gekommen. Wie also soll er aussehen, der Zuschlag für die Laufzeiten 
deutscher Atomkraftwerke? Was sind die Regeln, was ist der Preis 
dafür, dass die Reaktoren länger Strom (und Gewinne) produzieren 
dürfen? Die Atomdebatte spaltet das Land. Und sie wird für die 
Regierungskoalition zum Prüfstein. Denn noch fehlt es, das Konzept 
für die Ewigkeit.
Das Stelldichein von Politik und Branchenvertretern im Kanzleramt 
war kein Routinetreffen. Die Strommanager kamen nicht als 
Bittsteller, sondern mit einer klaren Botschaft: Es pressiert. Weil 
das Atomgesetz noch nicht geändert ist und somit die Regeln des 
Ausstiegsbeschlusses gelten, stehen mit Neckarwestheim 1 sowie Biblis
A und B drei ältere Atomkraftwerke unmittelbar vor der Stilllegung. 
Unverhohlen droht die Atomwirtschaft: Politisch, so Eon-Chef Wulf 
Bernotat, wäre es nicht verantwortbar, wenn die ersten Meiler 
abgeschaltet würden, ehe die Frage der Restzeiten beantwortet sei. 
Mit Recht fordert die Branche ein nationales Energiekonzept. 
Milliardeninvestitionen stehen an: in Windparks auf dem Meer, in 
Stromnetze, in die Erneuerung fossiler Kraftwerke. Der GAU, so 
schreibt die "Zeit", ist der: Größte Anzunehmende Unklarheit.
Die Bundesregierung muss daher sagen, wohin die Reise geht: Ist 
Atomkraft eine Zukunftsenergie, wie es ihre Anhänger behaupten? Oder 
ist sie genau das Gegenteil: eine Verhinderungstechnologie, die 
Ökostrom verdrängt? Klar ist, dass Union und FDP die Laufzeiten 
verlängern werden. Um die Details aber streiten sie erbittert. 
Möglichst schnell will Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) eine
Lösung. Sicherheit geht vor, entgegnet Bundesumweltminister Norbert 
Röttgen (CDU). Seit Amtsantritt tritt er für grüne Positionen ein, 
will die Wirtschaft kohlenstofffrei machen. Röttgen soll inhaltlich 
die Partei erneuern, ihr neue Wählerschichten erschließen, die Macht 
sichern: Schwarz und Grün, das passe doch.
Im Mai geht es für Schwarz-Gelb bei der Landtagswahl in NRW um den
Machterhalt. Bis dahin meiden Union und FDP eine Eskalation in der 
Atomdebatte, die nicht abkühlen will. Der Skandal um das absaufende 
Atommülllager Asse, das Sicherheitsrisiko älterer Kraftwerke - all 
das sorgt die Öffentlichkeit.  Ein Vierteljahrhundert nach Brokdorf 
und Wackersdorf fürchtet die Bundesregierung eine Renaissance der 
Anti-Atomkraft-Bewegung. Befriedet werden kann dieser Konflikt nur, 
wenn man den Menschen sagt, wo diese Brücke in ein neues 
Energiezeitalter endet. Und wo der Atommüll bleibt. Auf ewig.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
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