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EKD - Evangelische Kirche in Deutschland

Familienpolitik ist gesamtgesellschaftliche AUfgabe Wolfgang Huber zum 7. Familienbericht

Hannover (ots)

Familienpolitik ist gesamtgesellschaftliche
Aufgabe
Wolfgang Huber zum 7. Familienbericht
Die Frage nach einer familien- und kinderfreundlicheren Gestaltung
unseres Landes zählt für den Vorsitzenden des Rates der Evangelischen
Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, zu den
drängendsten Herausforderungen unserer Gesellschaft. Sie betreffe
Politik und Universitäten genauso wie die Wirtschaft. Der am heutigen
Dienstag, den 16. August, in Berlin vorgestellte 7. Familienbericht
verdiene vor diesem Hintergrund besondere Aufmerksamkeit, erklärte
der Bischof. Es müsse zum Beispiel intensiv darüber nachgedacht
werden, wie das Phänomen des "Lebensstaus" bei jungen Menschen
entschärft werden könne. In der Familienphase erworbene
Qualifikationen verdienten eine "neue Kultur der Anerkennung". Auch
hinsichtlich des Armutsrisikos für Alleinerziehende sieht Wolfgang
Huber "drängenden Handlungsbedarf". Zugleich sei es nötig, die
Bereicherung und das Glück, die ein Leben mit Kindern mit sich
bringt, als positive Vorbilder weiterzugeben.
Hannover, 16. August 2005
Pressestelle der EKD
Silke Fauzi
Die Erklärung im Wortlaut:
Erklärung
des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
Bischof Dr. Wolfgang Huber
zur Übergabe des 7. Familienberichts
am 16. August 2005
Zu den drängendsten Herausforderungen unserer Gesellschaft zählt
die Frage, wie wir unser Land familien- und kinderfreundlicher
gestalten können.
Der 7. Familienbericht, dessen Beratung durch den Deutschen
Bundestag noch bevorsteht, verdient vor diesem Hintergrund besondere
Aufmerksamkeit. Und zurecht betont der Bericht die Bedeutung von
Familienpolitik als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie betrifft
Politik und Universitäten genauso wie die Wirtschaft. Auch die Kirche
ist sich ihrer Familienpolitischen Verantwortung bewusst. Der Bericht
diskutiert die im europäischen Vergleich geringe Quote an
Mehrkindfamilien und problematisiert den zögerlichen Wandel im
Mutter- bzw. Vaterbild sowie die abnehmenden Möglichkeiten zu einem
engen Miteinander der Generationen. Es ist nötig, intensiv der Frage
nachzugehen, wie insbesondere das Phänomen des "Lebensstaus"
entschärft werden kann. In einer Spanne weniger Jahre nach der
Schulausbildung sehen sich junge Menschen vielfältigen Ansprüchen
ausgesetzt: eine qualifizierte Berufsausbildung zu absolvieren, den
Einstieg in eine Berufslaufbahn zu leisten, zugleich aber auch einen
Lebenspartner zu finden und sich für eine Familie zu entscheiden,
wenn zumeist der Berufsalltag vollen Einsatz fordert. Zudem ist eine
neue Kultur der Anerkennung nötig: wenn Mütter und Väter eine
Familienphase einlegen, erwerben sie dabei neue und andere
Qualifikationen, die auch später in der Erwerbsarbeit genutzt werden
können. Es bedarf dazu über rechtliche Regelungen hinaus offener
Herzen bei Ausbildern, Professorinnen und Professoren und
Verwaltungsmitarbeitenden, um auch schon in der ersten
Ausbildungsphase nach der Schule Elternschaft zu erleichtern.
Insbesondere Hochschulen, Unternehmen und Verwaltungen sind dazu
aufgerufen, Bedingungen zu schaffen, die Studierende und junge
Berufstätige dazu ermutigen, Eltern zu werden.
Besondere Beachtung schenkt der Bericht dem Armutsrisiko für
Alleinerziehende. Hier gibt es drängenden Handlungsbedarf. Es ist
aber auch nötig, in der öffentlichen Diskussion nicht allein
problematische Lebenssituationen in Familien darzustellen, sondern
viel mehr auch der Bereicherung, die ein Leben mit Kindern mit sich
bringt, und dem Glück, das daraus in der Familie erwachsen kann, Raum
zu geben und so positive Vorbilder weiterzugeben.
Die positiven Veränderungen vor Ort, die oft durch die lokalen
Bündnisse für Familie - regelmäßig unter Beteiligung der Kirchen -
erreicht worden sind, sind ein ermutigendes Signal. Dieses Engagement
der evangelischen Kirche entbindet die Politik nicht von ihrer
Verantwortung, ein flächendeckendes bedarfsgerechtes Angebot an
Ganztagesbetreuung und Betreuungseinrichtungen auch für
Unterdreijährige zu schaffen, Kinder so zu fördern, dass sie
unabhängig von ihrer sozialen Herkunft ihr je eigenes Potential
entfalten können und Menschen, die Familien- und Erziehungsarbeit
übernehmen, mit einer eigenen Rentenbiographie zu versehen.
Die Evangelische Kirche in Deutschland hofft, dass die Vorschläge
des Familienberichts intensiv und kontrovers öffentlich diskutiert
werden. In vielen Fragen, etwa der Einführung eines Elterngeldes oder
einer einheitlichen Familienkasse, sind aus kirchlicher Sicht
verschiedene Lösungen denkbar, solange sie dazu beitragen, die
Situation der Familien zu verbessern und Menschen die Entscheidung
für Kinder zu erleichtern. Dazu zählt in jedem Fall die längst
überfällige Beachtung der Nachhaltigkeit und damit der Konsequenzen
heutiger Entscheidungen für kommende Generationen. Der öffentliche
Schuldenberg etwa bürdet schon jetzt unseren Kindern und
Kindeskindern kaum zu tragende Lasten auf. Daraus erwächst heutigen
Entscheidungsträgern eine enorme Verantwortung für eine nachhaltige
Reform der sozialen Sicherungssysteme.
Familien brauchen gute strukturelle Rahmenbedingungen für die
umfassenden Leistungen der Fürsorge ("care"), die sie erbringen.
Damit die Familie als Lebensform eine gute Zukunft hat, müssen
gravierende finanzielle Benachteiligungen überwunden werden; die
generativen Leistungen der Familien müssen auch in den sozialen
Sicherungssystemen Berücksichtigung finden.
Unser Land steht vor wichtigen Weichenstellungen. Es ist die
Aufgabe der Parteien, die sachlichen Alternativen zu formulieren,
Vor- und Nachteile zu benennen und den Wählerinnen und Wählern dann
die Entscheidung zu überlassen. Kaum ein Thema eignet sich dafür
besser als die Familienpolitik, insbesondere in ihren
Schnittbereichen zur Bildungs- und zur Sozialpolitik, als
Zukunftsthema unserer Gesellschaft.
Evangelische Kirche in Deutschland
Hans-Christof Vetter
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail:  christof.vetter@ekd.de

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