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BERLINER MORGENPOST: Gefährliches Gefeilsche um Hartz-IV-Reform Stefan von Borstel über die schwierige Kompromiss-Suche der Parteien im Vermittlungsausschuss

Berlin (ots)

Das Schwarze-Peter-Spiel nimmt kein Ende. Auch an den Feiertagen waren Regierung und Opposition eifrig damit beschäftigt, sich gegenseitig die Verantwortung für die Verzögerung der Hartz-IV-Reform - und insbesondere der Regelsatzerhöhung um fünf Euro - zuzuschieben. Die Hartz-IV-Empfänger und ihre Kinder müssen weiter auf einen höheren Regelsatz und das versprochene Bildungspaket warten. Dabei haben sie nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum 1. Januar 2011 einen Anspruch darauf. Doch Bund und Länder setzen sich über das Urteil des höchsten Gerichts hinweg - und machen mit ihrem Hartz-IV-Poker weiter. Sicherlich kann man sich fragen, ob es sinnvoll ist, jedem Kind eines Hartz-IV-Empfängers ein paar Bildungsgutscheine in die Hand zu drücken und dafür 1300 neue Beamte in den Jobcentern einzustellen. Die Hilfe für die bedürftigen Kinder ließe sich besser über die Jugendämter der Kommunen als über die Jobcenter organisieren, deren erste Aufgabe es doch sein sollte, die Eltern der Hartz-IV-Kinder in Lohn und Brot zu bringen. Nun sollen sie sich auch noch um Nachhilfe und Schulessen kümmern. Doch diese Fragen beschäftigen die SPD im Vermittlungsausschuss gar nicht. Dort dringen die Sozialdemokraten auf noch mehr Leistungen für noch mehr Kinder, auf einen gesetzlichen Mindestlohn und eine Neuberechnung des Regelsatzes - ohne dabei in allen drei Punkten besonders konkret zu werden. Die SPD spielt ein gefährliches Spiel. Sie wollte endlich wieder ein bisschen mitregieren und hat das Gesetz der Koalition gestoppt. Nun muss sie mit dem Verhandlungsergebnis beweisen, dass sich die Blockade gelohnt hat. Das dürfte schwierig werden. Denn einer weiteren Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes hat Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bereits eine Absage erteilt. Die schwarz-gelbe Koalition kann hier schlecht Zugeständnisse machen - würde sie doch damit den Vorwurf der Opposition bestätigen, den Regelsatz im ersten Anlauf bewusst kleingerechnet zu haben. Kompromisslinien gibt es dagegen beim Bildungspaket und beim Mindestlohn. Die Bildungsleistungen könnten aufgestockt, der Kreis der berechtigten Kinder erweitert werden. So könnten auch die 140000 Kinder von Wohngeldempfängern von dem Paket profitieren. Und beim Mindestlohn könnte die Union der SPD eine Lohnuntergrenze für die Zeitarbeit anbieten, gegen die sich der Koalitionspartner FDP bislang erfolgreich gewehrt hat. Die Ministerin selbst ist dafür. Da Zeitarbeiter branchenübergreifend eingesetzt werden, käme dies den Forderungen der SPD nach einem flächendeckenden Mindestlohn weit entgegen. Doch bislang wiederholen beide Seiten nur ihre altbekannten Positionen. Von Kompromisssignalen ist nichts zu sehen. Bis zur entscheidenden Verhandlungsrunde im Januar muss endlich Bewegung in die festgefahrene Hartz-IV-Debatte kommen. Statt weiter Schwarzer Peter zu spielen, sollten sich die Parteien schnell zusammenraufen. Das sind sie den sieben Millionen Menschen in diesem Land, die ihr Existenzminimum von Hartz IV bestreiten müssen, schuldig.

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Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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