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BERLINER MORGENPOST: Kommentar zur Ausbildung von Imamen und islamischen Religionslehrern

Berlin (ots)

Dieses Vorhaben ist von historischer Bedeutung. Indem die Bundesregierung aus Steuergeldern die Aus- und Fortbildung islamischer Religionslehrer und Imame an deutschen Universitäten finanzieren will, bekennt sie sich zur Verkündigung des Korans in diesem Land. Sage niemand mehr, der Islam werde nicht als Teil unserer Realität akzeptiert. Endlich soll es Imame geben, die nicht wie bisher vom türkischen Staat oder von arabischen Spendern bezahlt werden, oft kaum Deutsch sprechen und unserer Land weder kennen noch schätzen. Damit soll Schluss sein, der Islam soll in Deutschland selbst wachsen. Die Hand also ist weit ausgestreckt gegenüber den gläubigen Muslimen. Gut so. Wird es aber zum Handschlag kommen? Das hängt noch am wenigsten von den Sachproblemen ab, die freilich kompliziert genug sind. Niemand weiß, ob genügend qualifizierte und ideologisch geeignete Hochschullehrer gefunden werden und man sich über die Rolle der Islam-Verbände in den Beiräten der Studienzentren einigen kann. Unklar ist auch, ob die Absolventen eine Berufsperspektive haben, also eine bezahlte Arbeit finden. Die wenigsten Moscheegemeinden haben genug Geld zur Finanzierung einer Imam-Stelle. Und weil der islamische Religionsunterricht an staatlichen Schulen über Modellversuche noch nicht hinausgekommen ist, sind auch da die Job-Aussichten eher schlecht. Wenn sich das nicht bald ändert, werden es junge Muslime für wenig sinnvoll halten, hier Theologie zu studieren - und die Studienzentren dürften wieder verkümmern. Doch noch viel wichtiger als solche konkreten Fragen ist die grundsätzliche, ob die islamischen Theologen und ihre Studenten sich auf die Freiheit der Universitäten einlassen. Das wird allgemein gehofft und ist für die Entstehung eines modernen Islam unverzichtbar: dass offene Diskussionen über Fakultätsgrenzen hinweg geführt, dass Widersprüche des Islam thematisiert, die Überlieferungen des Koran hinterfragt und die Grundsätze unseres Staates akzeptiert werden. Sind die Muslime hierzu bereit? Wenn nicht, ließe sich kaum noch der These widersprechen, dass der Islam ein Problem mit der westlichen Freiheit habe. Doch auch die Deutschen müssen nun neu denken. Sie haben nämlich zu lernen, dass sich an den Studienzentren in Tübingen, Münster und Osnabrück noch die liberalsten Studenten nicht für die Verkündigung des Grundgesetzes einschreiben werden, sondern für die des Glaubens. Wer Theologie studiert, ist fromm! Und folgt wie auch jeder christliche Theologiestudent einem Glauben mit Regeln und festen Grundsätzen. Daher müssen nicht viel anders als die Kirchen nun auch die beteiligten Islam-Verbände das Recht haben, Einwände gegen Bekenntniswidriges zu erheben. Das muss man akzeptieren. Die deutsche Einwanderungsgesellschaft beginnt mit einem Versuch, der so wichtig wie schwierig ist.

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