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Berliner Morgenpost: Keine Freiräume den Rechtsradikalen - Kommentar

Berlin (ots)

Noch wird nach dem Mann gefahndet, der heimtückisch
versuchte, den Passauer Polizeichef Alois Mannichl zu töten. Doch die
Umstände der Tat weisen ziemlich eindeutig auf die Spur des Täters 
und wohl auch dessen Umfeld und mögliche Hintermänner. Sie passen 
auch in das verschärfte Bedrohungspotenzial, das die rechtsextreme 
Szene schon seit einiger Zeit darstellt. Die Neonazis, so hat der 
Chef des Bundeskriminalamts Jörg Ziercke schon vor Monaten gewarnt, 
haben ihre aus taktischen Gründen nach außen kaschierte 
Gewaltfreiheit - gepaart mit vermeintlichem Ordnungsgehabe - 
aufgegeben und schrecken vor Aggressivität bis hin zur massiven 
Gewalt auch gegen Polizisten nicht länger zurück. Der mörderische 
Anschlag auf den Passauer Polizeichef scheint die Sorge vor einem 
gesteigerten rechtsextremistischen Bedrohungspotenzial zu bestätigen.
Allein in diesem Jahr sind laut Bundesinnenministerium nachweislich 
994 Menschen in Deutschland Opfer rechtsextremistischer Gewalt 
geworden. Ein Opfer kam dabei ums Leben. Und die Szene tritt immer 
unverhohlener und provozierender auf - was für ein schon wieder 
beängstigendes Selbstbewusstsein der Ewiggestrigen spricht. Dies kann
ihnen nur ausgetrieben werden, wenn sich die Gesellschaft der 
Entwicklung entschlossen entgegenstemmt, wenn der Neonazi-Szene keine
Freiräume überlassen werden.
Der Passauer Polizeipräsident hat in diesem Sinne seine Pflicht sehr 
ernst genommen und die zunehmenden rechtsextremistischen Umtriebe in 
seiner Stadt konsequent verfolgt. So konsequent, dass als Motiv für 
den Anschlag gegen ihn ein Racheakt angenommen wird. Sollte sich 
dieser Verdacht bestätigen und der Täter nachweislich kein 
Alleingänger sein, wäre das der Beweis für die wirklich neue 
Dimension im Kampf der Neonazis gegen die freiheitlich pluralistische
Gesellschaftsordnung in diesem Land. Ähnlich wie einst für die Rote 
Armee Fraktion würden damit auch für die Neonazis die Vertreter und 
Verteidiger des demokratischen Staates zu Feinden, die es gewaltsam 
bis hin zum Mord zu bekämpfen gilt.
Der Preis der Freiheit bleibt Wachsamkeit auf allen Ebenen. Dazu 
gehört auch die prompt neu entflammte Debatte über ein Verbot der 
NPD. So wünschenswert ein solches höchstrichterlich sanktioniertes 
"Aus" für die Partei der Rechtsextremen ist, so schwer ist es zu 
erreichen. Spätestens seit dem gescheiterten Antrag aus dem Jahr 2003
wissen alle, wie hoch die Hürden für ein Parteienverbot sind. Eine 
solche Blamage darf sich nicht wiederholen.
Wenn schon vom Bundesverfassungsgericht wenig Unterstützung zu 
erwarten ist, sollten zumindest die unteren Gerichte die Gefahr durch
den Rechtsextremismus ernster nehmen. Konkret: Sie sollten Urteile 
fällen, die sich weniger am unteren und mehr am oberen Rand des 
möglichen Strafmaßes bewegen. Wehret den Anfängen - dafür scheint es 
zu spät. Nach dem Mordversuch von Fürstenzell gilt es, noch 
Schlimmeres zu verhüten.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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