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Lausitzer Rundschau: Es geht um mehr Zur Dauerkrise der schwarz-gelben Koalition

Cottbus (ots)

Wenn es nicht um die Zukunft dieses Landes ginge, das Publikum könnte sich zurücklehnen und vergnügt all den Gurkentruppen, Wildsäuen. Leichtmatrosen und Rumpelstilzchen bei der Selbstdemontage zusehen. Aber die schwarz-gelbe Koalition gefährdet mehr als nur ihren eigenen Fortbestand. Indem sie hemmungslos Negativ-Klischees über "die Politik" bedient, untergräbt sie das Fundament, auf dem unsere Gesellschaft ruht. Nirgends wird das deutlicher als am Beispiel der Köhler-Nachfolge: Selbst für das höchste Amt im Staate ist nicht Eignung das Kriterium, sondern parteitaktisches Kalkül. Der - gerade aus bürgerlicher Sicht - bessere Mann (Gauck) soll von den bürgerlichen Abgeordneten nicht gewählt werden, weil sonst die bürgerliche Kanzlerin beschädigt würde. In der Tagespolitik präsentieren sich zwei der drei Regierungsparteien als weder kompromiss- noch regierungsfähig, weil das Wohl des gesamten Landes auf ihrer Agenda sichtbar nicht an erster Stelle steht. Die FDP verfolgt eine kaum verhüllte Klientelpolitik - und ist in den Umfragen nun folgerichtig bei jenem Prozentsatz angekommen, dessen Interessen sie tatsächlich vertritt. Die CSU hat bei allem, was sie tut, zuerst Bayern im Sinn. Und die CDU, die Volkspartei, die den Regierungsdampfer dennoch auf Kurs halten müsste? Die weiß nicht wohin, ihr fehlt der Kompass, die klare Linie, Führung. Kein Wunder, dass die zwei Schwänze mit dem Hund wackeln. Einig waren sich die Koalitionäre zuletzt immerhin, dass gespart werden muss. Allerdings ist die Aufwertung einer puren Notwendigkeit zum Regierungsprogramm ein politisches Armutszeugnis, Ausdruck des Fehlens einer positiven Idee oder der Unfähigkeit, diese zu vermitteln. "Wir müssen den Gürtel enger schnallen" ist nichts, womit man Menschen mitnehmen oder sie gar begeistern kann. Wer Blut, Schweiß und Tränen fordert, muss sagen, zu welchem Ende. Bei Churchill war das der Sieg über Hitler-Deutschland, bei Merkel allenfalls der Anspruch, "die Schuldenbremse des Grundgesetzes zu erfüllen". Der Unterschied ist evident. Zumal Vizekanzler Westerwelle den Eindruck vermittelt, das deutsche Volk werde nun zu Recht dafür bestraft, dass es in der Vergangenheit über seine Verhältnisse gelebt habe. Eine bemerkenswerte Art unterschwelliger Publikumsbeschimpfung, vor allem wenn der Adressat gerade mit seinen Steuergeldern das Bankenwesen vor dem Kollaps gerettet hat. Im Übrigen hat die Bundesregierung ihre eigene Glaubwürdigkeit selbst dadurch unterminiert, dass sie zwar immer wieder die dramatische Entwicklung der Staatsfinanzen betont, aber zugleich darauf verzichtet hat, alle Gesellschaftsschichten an jenem Sparpaket zu beteiligen, über dessen soziale Dysbalance schon viel geschrieben worden ist. Solche Regierungskunst fördert die Politik-Verdrossenheit im Lande - wobei die größte Gefahr nicht etwa darin besteht, dass das Wahlvolk nun gleich massenhaft politischen Rattenfängern hinterherlaufen würde. Sondern darin, dass sich die Menschen angewidert ganz von der Politik abwenden, nicht mehr in den Parteien mitarbeiten, sich jeglicher Verantwortung für das Gemeinwesen entziehen. Das Fatale an dem Tempo des Verfalls der Koalition ist außerdem: Die SPD, erst im vergangenen Herbst personell und programmatisch erschöpft abgewählt, ist noch längst nicht in der Lage, eine überzeugende Alternative anzubieten. Sie bräuchte noch Zeit, sich in der Opposition zu regenerieren. Nicht nur deshalb hätte eine erfolgreiche bürgerliche Regierung Deutschland nach sieben Jahren Rot-Grün und vier Jahren Großer Koalition gut getan. Aber Merkel ist nicht Kohl. Westerwelle nicht Genscher. Und Seehofer noch nicht einmal Stoiber.

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