Alle Storys
Folgen
Keine Story von Lausitzer Rundschau mehr verpassen.

Lausitzer Rundschau

Lausitzer Rundschau: Zum 70. Geburtstag von Joachim Gauck Die Freiheit des Ostens

Cottbus (ots)

Die Bundeskanzlerin machte am Donnerstagabend aus
einer Geburtstagsfeier eine Demonstration. Zum 70.des 
früheren Chefs der Stasi-Unterlagenbehörde, des Rostocker Pastors 
Joachim Gauck, war sie gekommen.
Begleitet wurde sie von ihrem Ehemann, was in Berlin als Hinweis 
darauf gilt, dass es sich bei diesem Termin um eine 
Herzensangelegenheit handelte. Und Angela Merkel fühlte sich 
sichtlich wohl im Kreise der ehemaligen Bürgerrechtler wie der neuen 
Diktatur-Beauftragten des Landes Brandenburg, Ulrike Poppe.
Die Botschaft der mächtigsten Frau des Landes war eindeutig. Die 
Ostdeutschen können stolz sein auf ihren besonderen Beitrag zur 
Geschichte des Landes. Darin werden ihr die meisten Zeitgenossen 
zwischen Thüringen und Vorpommern zustimmen.
Aber was die Regierungschefin und Joachim Gauck dann noch sagten, 
klang schon eher nach einem trotzigen Anreden gegen den Verdacht, sie
könnten mit ihrer besonderen Prägung immer noch, vielleicht auch 
inzwischen wieder eine Minderheit sein unter den eigenen Landsleuten.
Denn es ist ja beileibe nicht unstrittig, dass den Deutschen mit den 
mutigen Demonstrationen des Herbstes 1989 ein Anknüpfen an die 
europäischen Freiheitstraditionen gelang. Gegen diesen Stolz auf das 
Erreichte kämpft ja vielfach der Missmut oder Protest gegen die 
Misstände in den neuen Ländern an. Und er hat mit den beachtlichen 
Wahlerfolgen der Linkspartei auch eine politische Spitze. Es ist 
zumindest auf den ersten Blick wenig denkbar an Verständigung 
zwischen einer Bundeskanzlerin und denen, die einst mit ihr die 
Schule besuchten, heute aber Gregor Gysi wählen.
 Angela Merkel hat bei der Ehrung für Joachim Gauck allerdings auch 
etwas gesagt, was nicht nur eigene Nachdenklichkeit bekundet, sondern
auch andere nachdenklich stimmen könnte.
Nie seine eigenen Grenzen entdecken zu dürfen, das sei so 
beklagenswert an der SED-Herrschaft gewesen. Und dies habe dann dazu 
geführt, dass man sich zuweilen für besser hielt, als man tatsächlich
war.
So einen Satz hört man selten von einer Spitzenpolitikerin. Und doch 
passt er ganz gut zur einzigartigen Karriere dieser Frau. Denn der 
Wunsch, endlich zu erleben, wo tatsächlich die eigenen Grenzen 
liegen, gehört zu den verständlichen Besonderheiten einer 
ostdeutschen Biografie. Wenn sich dazu noch die selbstkritische 
Fähigkeit gesellt, eigene Schwächen nicht zu unterschätzen, dann wird
daraus nicht nur im Falle von Frau Merkel eine Erfolgsgeschichte.
Vielleicht könnte man sich wenigstens darauf einigen im Osten, dass 
die vor 20 Jahren gewonnene Freiheit endlich auch Grenzerfahrungen 
ermöglicht - selbstverständlich auch in der Kritik an den 
herrschenden Zuständen.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de

Original-Content von: Lausitzer Rundschau, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Lausitzer Rundschau
Weitere Storys: Lausitzer Rundschau