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Lausitzer Rundschau: Die neuesten Irrwege des Matthias Platzeck Erschreckende Unkenntnis

Cottbus (ots)

Matthias Platzeck   hat jetzt in einem
Text für den "Spiegel" etwas nachgeschoben, was als umfassendere 
Begründung für seinen rot-roten Koalitionsversuch in Potsdam gelten 
soll. Der Osten, so kurz gefasst sein Argument, soll von der alten 
Bundesrepublik lernen, die es nach 1945 geschafft habe, auch die 
Täter der Nazi-Diktatur zu integrieren. Und für das Gebiet der 
ehemaligen DDR verlangt Platzeck jetzt einen ähnlichen 
"tätigen Neubeginn". Was einst - unter Berufung auf den ersten 
SPD-Nachkriegschef - beispielsweise gegenüber den Angehörigen der 
Waffen-SS möglich war, müsse jetzt auch für frühere FDJ-Kader gelten.
Platzecks Worte offenbaren zunächst eine erschreckende Unkenntnis der
Geschichte der Bundesrepublik. Zu den Fundamenten der Demokratie in 
unserem Lande gehört eine jahrzehntelange, bis heute nicht 
abgeschlossene, schmerzliche Auseinandersetzung um die Verbrechen des
Nationalsozialismus. Die tatsächlich beklagenswerte Restauration 
eines Teils der alten Machteliten zu Beginn der 50er-Jahre, an der 
auch die SPD Mitschuld trägt, hat Deutschland von keiner Last 
befreit. Zehn, zwanzig Jahre danach brach die Vergangenheit mit einer
unwiderstehlichen Urgewalt über die westdeutsche Gesellschaft, 
trennte und spaltete. Als 1964 die Auschwitz-Prozesse begannen, als 
1985 Richard von Weizäcker seine berühmte Rede darüber hielt, dass 
viel zu viele weggesehen hätten, als vor wenigen Jahren endlich 
Günter Grass preisgab, dass er auch einmal die Uniform der Waffen-SS 
getragen hatte - in all den Jahrzenten nach dem Kriegsende gab es aus
gutem Grund nicht, was Platzeck einen überfälligen Prozess der 
Versöhnung nennt. Die bohrenden Fragen, die Anklagen wurden schärfer 
und die Demokratisierung Westdeutschlands ist nur denkbar, weil es 
kein Vergessen und auch kein Vergeben gibt.
Aber bei seinem gedanklichen Irrlauf unterläuft dem brandenburgischen
Ministerpräsidenten noch ein zweiter Fehler. Man kann die beiden 
deutschen Diktaturen vergleichen, sie aber gleich zu setzen verbietet
sich. Die Bürger der DDR, auch die Mitglieder der SED sind eben nicht
"Mitläufer" oder "Täter des Nationalsozialismus". Die DDR, die 
Diktatur der SED, verlangt eine ganz andere Aufarbeitung als jene 
zwölf braunen Jahre, die einen von Leichenbergen entstellten 
Kontinent hinterließen. Die Last ist eine andere, eine schwierigere 
wegen der langen Zeit, in der sich die Herrschaft des Unrechts in die
Seelen der Menschen fraß, zumeist aber doch eine leichtere. Da gibt 
es tatsächlich eine andere Chance für einen Neubeginn als 1945. Der 
aber würde beispielsweise voraussetzen, dass man seinen Wählern vor 
einem Urnengang das mitteilt, was man danach als Begründung für eine 
Regierungsmehrheit aus dem Hut zaubert und damit den Verdacht 
entkräftet, es gehe vor allem um   das Festhalten an der 
Macht. Denn dafür ist dieses Thema zu schwer wiegend.

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