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Rheinische Post: Obamas großer Auftritt mit einer kleinen Rede = Von Matthias Beermann

Düsseldorf (ots)

Wahrscheinlich war diese Rede derartig mit Erwartungen überfrachtet worden, dass man hinterher zwangsläufig ein wenig enttäuscht sein musste. Barack Obama hatte seinen großen Auftritt vor dem Brandenburger Tor, locker und charmant wie immer, aber die ganz große Rede gelang ihm nicht. Die hätte einer zentralen, einer prägenden Botschaft bedurft, und die hatte Obama nicht zu verkünden. Dass die USA mit Russland über eine drastische Verringerung der Atomwaffenarsenale verhandeln wollen, wäre in der Zeit des Kalten Krieges, die Obama an historischer Stelle pflichtschuldigst erwähnte, eine Sensation gewesen. Heute erinnert sie vor allem daran, dass der Präsident seiner schon ganz zu Beginn seiner ersten Amtszeit formulierten Vision von einer atomwaffenfreien Welt nicht einen Millimeter näher gekommen ist. Vieles in Obamas Ansprache war schlicht an seine Landsleute gerichtet, die ihn weit kritischer sehen als die Deutschen, gerade weil er in ihren Augen vielen schönen Ankündigungen einfach zu wenig konkrete Taten folgen lässt. Vieles gemahnte auch sehr an allgemeine Weltverbesserungsrhetorik. Trotzdem: Es gab auch sehr bedenkenswerte Töne. Da warnte Obama etwa vor Selbstzufriedenheit, vor dem irreführenden Eindruck, mit dem Fall der Mauer und dem Ende der Ost-West-Konfrontation hätten sich die großen historischen Herausforderungen ein für alle Mal erledigt. Man kann es auch als höflich verpackte Aufforderung an die weltpolitisch so gerne etwas bequemen Deutschen verstehen, wenn Obama die Demonstranten des Arabischen Frühlings mit den Berlinern vergleicht, die schon 1953 für ein Ende der deutschen Teilung auf die Straße gingen. Eintreten für Menschenrechte und Demokratie überall auf der Welt, auch wenn es unbequem, ja riskant sein mag, bleibt eine ständige Herausforderung für die westliche Welt. Gut möglich, dass Obama seine deutschen Freunde beim Thema Syrien schon bald sehr viel konkreter darauf ansprechen wird, als man sich das in Berlin wünscht. Der Obama, der da gestern in Berlin zu erleben war, war kein zweiter Kennedy. Es war der Obama von 2013, wiedergewählt zwar, aber einer, dessen einst große Entwürfe im knallharten Polit-Betrieb von Washington schon glattgeschmirgelt worden sind wie Bachkiesel. Er ist, notgedrungen, zum Pragmatiker geworden. Das lässt Obama irgendwie so hohl klingen, wenn er heute Visionäres zu verkünden sucht. Man hat das beklemmende Gefühl, der mächtigste Mann der Welt will noch etwas Großes leisten, eine Tat für die Geschichtsbücher. Aber er weiß nicht recht, welche das sein könnte.

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