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Weser-Kurier: Kommentar zur Kandidatensuche bei den Grünen

Bremen (ots)

Es klingt so schön: Als erste Partei überhaupt in Deutschland sollen die 59.000 Mitglieder der Grünen ihre beiden Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl direkt wählen. Der Vorschlag des Parteivorstands wird morgen mit großer Wahrscheinlichkeit vom Länderrat, dem sogenannten kleinen Parteitag, angenommen. Doch nicht eine Wiederbelebung basisdemokratischer Strukturen ist das Ziel, es ist schlichtweg der Versuch, einigermaßen heil aus der Sackgasse zu kommen. Es ist eine Flucht nach vorn. Denn der Parteispitze ist es nicht gelungen, für die Kandidatenkür die unterschiedlichen Strömungen in der grünen Truppe unter einen Hut zu bringen - und auch nicht den persönlichen Ehrgeiz des Spitzenpersonals. Noch im Frühjahr schien alles auf eine Solo-Kandidatur von Fraktionschef Jürgen Trittin hinauszulaufen, doch Parteichefin Claudia Roth vermasselte ihm die Tour, als sie sich überraschend zur Kandidatin auslobte. Doch ein Duo Roth/Trittin hätte gegen ein ungeschriebenes Gesetz verstoßen: Spitzenpositionen bei den Grünen werden zwischen linkem und Realo-Flügel aufgeteilt. Doch Roth wie auch Trittin werden dem linken Lager zugerechnet. Eine Teamlösung aus drei oder vier Köpfen, unter anderem von Kandidatin Katrin Göring-Eckardt favorisiert, wollten wiederum Roth und Trittin nicht mitmachen. Warum nicht? Sicherlich spielen dabei auch strategische Überlegungen eine Rolle: Wahlkämpfe werden heutzutage personalisiert geführt, da kann ein Quartett schnell nachteilig sein. Was aber auch eine Rolle spielt: Für Roth, Künast und Trittin ist es die letzte Chance, ihrer Karriere noch einmal einen Schub zu geben. Wer als Kandidat ins Rennen geht, der ist im Falle eines rot-grünen Wahlsiegs für ein Ministeramt gesetzt. Als "Selbstbeschäftigung" kritisieren viele Grüne das schon seit Monaten dauernde Gerangel. Mit der Urwahl wächst die Gefahr, dass der Findungsprozess in eigener Sache sich noch bis Anfang November hinzieht. Solch eine Kandidatensuche kann schnell lähmen. Eigentlich müsste die Partei längst gewarnt sein: Selbst bei ihrem Megathema Energiewende ist es um sie zuletzt merkwürdig still geworden.

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