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Boersen-Zeitung: Hohle Pariser Bekenntnisse, Kommentar von Gerhard Bläske zur Einflussnahme von Frankreichs Finanzminister Breton auf die Fusionsgespräche von Euronext

Frankfurt (ots)

Normalerweise mischt sich Paris früher ein, wenn
es darum geht, ausländische Unternehmen abzuwehren. Im Fall Euronext 
hat es lange gedauert. Dafür hat Frankreichs Finanzminister Thierry 
Breton jetzt eine volle Breitseite auf die Deutsche Börse 
abgeschossen.
Breton sagte am Wochenende, er wolle aktiv Einfluss nehmen auf die
Fusionsgespräche der Mehrländerbörse. Der Minister strebt an, das 
föderale Geschäftsmodell von Euronext europaweit festzuschreiben, und
will beim Treffen der EU-Finanzminister am Freitag auf eine 
entsprechende EU-Verordnung drängen. Nur wenn Kassahandel und 
Wertpapierabwicklung für Wettbewerber offen blieben und nicht wie bei
der Deutschen Börse in einer Hand lägen, seien freier Wettbewerb und 
Transparenz auf den Finanzmärkten sichergestellt.
Solche Bekenntnisse klingen ungewohnt. Sonst ist Paris nicht 
zimperlich, wenn es darum geht, ausländische Konkurrenten, etwa "aus 
Sicherheitsgründen" oder weil es sich "um strategisch wichtige 
Branchen" handelt, abzuwehren - ohne Rücksicht auf freie Märkte. Wehe
dem, der Böses denken mag, wenn sich die französische Regierung nun 
zum Hüter des Wettbewerbs aufschwingt. Paris ist stets findig, wenn 
Argumente gefunden werden müssen. Ohne die Abwicklungsgesellschaft 
Clearstream wäre die Deutsche Börse, die an der Börse fast doppelt so
viel wert ist wie Euronext, wesentlich schwächer. Damit könnte aus 
französischer Sicht vermieden werden, dass etwa der Hauptsitz einer 
fusionierten Börse in Frankfurt wäre.
Breton macht gar keinen Hehl daraus, dass es ihm um die 
Verteidigung des Finanzplatzes Paris geht. Die bei Euronext 
gebildeten Aktionärsbündnisse aus Banken bzw. Unternehmen und der 
gemeinsame Appell verschiedener Verbände und Organisationen sind kein
ausreichendes Gegengewicht gegen die Hedgefonds, die auf eine Fusion 
mit der Deutschen Börse drängen. Da braucht es schon die Hilfe der 
Regierung und vielleicht sogar eines sonst wenig willkommenen 
ausländischen Aktionärs wie des Dubaier Börsenbetreibers, der aus 
Euronext-Sicht sogar einen Kontrollanteil übernehmen könnte.
Bekenntnisse zum freien Wettbewerb sind wohlfeil. Wirklich den Markt 
und die Akteure entscheiden zu lassen und nur über den 
ordnungsgemäßen Ablauf zu wachen, wie es in anderen Ländern üblich 
ist, fällt Paris indes nicht ein.
(Börsen-Zeitung, 3.5.2006)

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