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Boersen-Zeitung: Gefühlter Boom, Kommentar von Stephan Lorz zum erneuten Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex

Frankfurt (ots)

Der erneute Anstieg des deutschen
Geschäftsklimas ist irritierend. Immerhin liegt der Indexwert jetzt 
auf einem Niveau, wie es zuletzt zum Wiedervereinigungsboom erreicht 
worden war. Damals waren Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts 
(BIP) von über 5% registriert worden. Und auch im langjährigen 
Zusammenhang korrespondiert der aktuelle Indexstand mit 
Wachstumsraten von immerhin fast 4%. Das ist weit entfernt selbst von
den optimistischsten Prognosen, die derzeit allenfalls eine 
Jahresrate von etwa 2% vorhersagen. Die meisten Ökonomen halten 
stattdessen Werte um die 1,5% für realistisch, zumal auch die 
aktuellen ZEW-Konjunkturerwartungen und der Einkaufsmanagerindex ein 
eher verhaltenes Wachstum signalisieren.
Was also hat die Unternehmen zu solcher Euphorie verleitet? Ist es
der irrationale Überschwang, wie er sich einstellt, wenn nach Jahren 
der Stagnation nun erstmals wieder ein Aufschwung zu spüren ist? 
Fühlen sich dann die mageren 1,5% Wachstum nicht wie ein regelrechter
Boom an?
Festhalten muss man, dass die Unternehmen tatsächlich allen Grund 
zu Zufriedenheit haben: Die Auftragsbücher sind voll, die Gewinne 
erreichen schwindelnde Höhen. Auch die Verbraucher scheinen sich 
langsam von ihrer Konsumverweigerung zu lösen. Selbst die Banken 
spielen mit und unterstützen den Aufschwung durch verstärkte 
Kreditvergabe mit allen Kräften. Der Zuwachs von Krediten an den 
privaten Sektor erreichte zuletzt mit 10,3% den höchsten Stand seit 
fast sechs Jahren. Die Konjunktursignale stehen deshalb auf Grün.
Alles also in bester Ordnung? Mitnichten! Am Horizont droht die 
geplante Mehrwertsteuererhöhung - ein Konsumkiller ersten Ranges. 
Trotz der sprudelnden Steuerquellen und der Aussicht, die 
Defizitgrenze bereits im laufenden Jahr einhalten zu können, will 
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück nicht darauf verzichten. Je 
weiter es ins Jahr geht, desto stärker dürfte dieser Umstand auf das 
Geschäftsklima drücken. Der dann vom Ifo-Institut gemessene 
Stimmungseinbruch wäre aber ebenso wenig ein Rezessionssignal, wie 
die gegenwärtige Euphorie bereits ein Indiz für einen bevorstehenden 
handfesten Boom ist. Die zuletzt von Meteorologen beobachteten 
verstärkten Klimaschwankungen haben eben auch das Geschäftsklima 
erreicht.
(Börsen-Zeitung, 29.3.2006)

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