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Börsen-Zeitung: EuGH gewährt Atempause, Kommentar von Stephan Lorz zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs über grenzüberschreitende Verlustverrechnung

Frankfurt (ots)

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück kann
vorerst aufatmen. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Sachen
Marks & Spencer wird keine neuen Milliardenlöcher in seinen Etat
reißen. Die Europarichter haben die bisherigen Einschränkungen bei
der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung grundsätzlich
unangetastet gelassen. Nur einige Ausnahmen werden eingeführt. Und
auch die sind sehr eng gefasst. Die Unternehmen müssen zudem selbst
nachweisen, dass der Sonderfall gerade auf sie zutrifft. Ein Quell
ständig neuer Rechtsstreitigkeiten tut sich auf.
War zu Beginn des Verfahrens zunächst noch von zweistelligen
Milliardenbeträgen die Rede, die europaweit als Steuerrückforderungen
auf den Fiskus zukommen könnten, wurden die Schätzungen nach dem
Plädoyer des Generalanwalts im Frühjahr bereits auf einen
einstelligen Milliardenbetrag zurückgestutzt. Und nachdem die
Position der Finanzminister mit dem EuGH-Urteil nun weiter gestärkt
wird, dürften die fiskalischen Auswirkungen sogar noch geringer
ausfallen, als bislang befürchtet.
In einer ersten Reaktion auf das Urteil hat das
Bundesfinanzministerium deshalb mit Erleichterung reagiert. Der EuGH
sei auf die von der Bundesregierung vorgebrachten Argumente
eingegangen. Doch dürfte die Entscheidung der Europarichter dem
deutschen Fiskus allenfalls eine kleine Atempause im Steuerwettbewerb
bescheren. Denn Staaten wie Österreich nutzen die zunehmende
Internationalisierung der Unternehmen bereits, um sich gegenüber den
Ländern, die sich gegen den Veränderungsdruck stemmen, einen
Standortvorteil zu verschaffen. Mittel zum Zweck hierfür ist ein
modernes Steuerrecht, das die grenzüberschreitenden
Verlustverrechnungen grundsätzlich erlaubt, im Gewinnfall aber dann
eine Nachversteuerung verlangt. Das ist fair – und erhöht die
Standortattraktivität für Unternehmen, die ins Ausland expandieren.
Berlin hat gegenüber derlei Herausforderungen bislang immer
defensiv reagiert und ist den notwendigen Korrekturen am Steuerrecht
stets hinterhergestolpert. Das EuGH-Urteil darf deshalb nicht als
Signal verstanden werden, nun alles beim Alten zu belassen. Möglichst
zügig muss ein modernes Unternehmenssteuerrecht her, das Deutschland
wieder an die Spitze der Standorte katapultiert und die Veränderungen
des Wettbewerbsumfelds endlich zur Kenntnis nimmt.
(Börsen-Zeitung, 14.12.2005)

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