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Kaugummi-Krise, ein Kommentar von Bernd Neubacher zu Kreditausfällen

Frankfurt (ots)

Exakt ein Jahr ist es her, dass die Dimension der Corona-Pandemie schlagartig ins Bewusstsein der Finanzmarktteilnehmer trat. Am 9. März 2020 legte der Dax den größten Tagesverlust seit dem 11. September 2001 hin. Sicher: Nur die kühnsten Optimisten dürften damals geglaubt haben, die Seuche werde binnen Jahresfrist ausgestanden sein. Wer aber hätte gedacht, dass man geschlagene zwölf Monate später immer noch darauf warten würde, dass sie in Form von Schuldnerausfällen in den Büchern der Kreditwirtschaft ankommt?

Die Zahlen, welche die Sparkassen Hessen-Thüringens am Montag präsentiert haben, zeigen ebenso wie die zuvor publizierten Ergebnisse der öffentlich-rechtlichen Institute in Baden-Württemberg und Niedersachsen sowie der Kreditgenossen im Ländle: Zwar zieht die Risikovorsorge teils scharf an. Noch immer aber rüstet man sich damit sowie mit der Thesaurierung von Gewinnen für Gegenwind, der noch kommen wird.

Vor Jahresfrist hatten Bankmanager schwere Einschläge fürs dritte und vierte Quartal des vergangenen Jahres angekündigt. Mittlerweile verschiebt sich der Horizont in die Ferne. Gerhard Grandke, Präsident des Sparkassen- und Giroverbands Hessen-Thüringen (SGVHT), richtet sich schon darauf ein, sich mit dem Thema vor seinem Ausscheiden aus dem Amt zum Jahresende kaum mehr verstärkt befassen zu müssen: Denn vor der Bundestagswahl Ende September, lautet seine Rechnung, wird es die Politik kaum als opportun empfinden, ihre Stützungsmaßnahmen zu beenden. Und wenn die sich anschließenden Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sind, dürfte man bereits das Jahr 2022 schreiben. Die europäische Bankenaufsicht wird ihr Dividendenmoratorium dann beendet oder aber ein zweites Mal verlängert haben. Die Sparkassen Hessens und Thüringens jedenfalls wollen das Bewertungsergebnis auch im laufenden Jahr dazu nutzen, Reserven zu bilden. Die Pandemie mutiert vom schlagartig eintretenden Ereignis zur Kaugummi-Krise, wie die 2007 einsetzenden und später in die Euro-Krise mündenden Verwerfungen, wie die scheinbar zum Dauerzustand gewordenen Negativzinsen.

Aufschübe helfen, Belastungen zu strecken und verdaulich zu portionieren. Sie sind aber eine Wette, dass während der Bewältigung neue Krisen ausbleiben, zudem können sie nur befristet sein. Und wie in der Geldpolitik gilt: Der Einstieg in den Krisenmodus fällt bedeutend leichter als der Ausstieg. Und bis zum Ende bleibt unklar, wie hoch die Rechnung letztlich ausfällt.

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