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Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU)

An der Schnittstelle von Philosophie und Technik: Heisenberg-Professor erforscht Reproduzierbarkeit von Daten

An der Schnittstelle von Philosophie und Technik: Heisenberg-Professor erforscht Reproduzierbarkeit von Daten
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An der Schnittstelle von Philosophie und Technik: Heisenberg-Professor erforscht Reproduzierbarkeit von Daten

Johannes Lenhard hat seit dem 1. April die Heisenberg-Professur „Philosophy in Science and Engineering” an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) inne. Er forscht an der Schnittstelle zwischen Philosophie und Ingenieurwissenschaft und geht unter anderem der Frage nach, in welchem Ausmaß und auf welche Weisen die „Computerisierung“ grundlegende Konzepte und Praxen von Natur- und Ingenieurwissenschaften beeinflusst. In diesem Zusammenhang befasst er sich zudem damit, wie es um die Reproduzierbarkeit von Forschungsdaten bei Computersimulationen bestellt ist. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Professur für fünf Jahre.

Das Entstehen der modernen Wissenschaften ist geschichtlich eng mit der Mathematik verbunden. „Sie ist ein Instrument, das sich ein paar Jahrhunderte parallel mit der Wissenschaft entwickelt hat“, sagt Professor Johannes Lenhard, der in Mathematik promoviert und sich in Philosophie habilitiert hat. „Seit einigen Jahren spielt der Computer als neues Instrument in der Wissenschaft eine wichtige Rolle. Er hat formale mathematische Eigenschaften, ist aber auch ein technisches Instrument, eine echte Maschine.“ Das werfe neue Fragen auf, beispielsweise wie sich die Wissenschaft verändere, in dem sie ihn verwende.

Aber auch was es bedeutet, etwas zu verstehen, ändere sich dadurch. Lenhard: „Vor zwei- bis dreihundert Jahren hieß es, wirklich verstanden haben wir etwas, wenn wir es auf die mathematisch knappe Form gebracht haben und sogar sehen können, wie sich etwas verhält.“ Wie das zum Beispiel bei der Bewegung der Planten der Fall sei.

Heutzutage setzt die Forschung oft auf Simulationen, etwa bei Klimamodellen, die mit riesigen Mengen an Daten gefüttert werden. „Das ist so komplex, dass man es nicht durch Nachdenken verstehen kann. Hier ist der Sinn von Verstehen zwar mit mathematischen Instrumenten hergestellt, es ist aber eine andere Bedeutung.“ Wissenschaftliche Begriffe hätten sich schon immer angepasst. Der Sprachgebrauch sei flexibel. Die wissenschaftliche Kultur passe sich der Praxis an.

Ein Thema, mit dem sich Lenhard im Zuge der Professur genauer befassen wird, ist die Reproduzierbarkeit von Daten bei Simulationsmodellen. Zugute kommt ihm hierbei, dass sich sein Büro am Lehrstuhl für Thermodynamik befindet, wo er sich direkt mit den Kolleginnen und Kollegen austauschen kann. Somit zählt er zu einem der wenigen Philosophie-Professoren in Deutschland, die so eng verzahnt mit den Ingenieurwissenschaften zusammenarbeiten.

„In diesem Forschungsbereich haben präzise Messungen eine lange Tradition, aber auch Simulationsmodelle spielen eine immer wichtigere Rolle“, fährt er fort. Doch welches Modell ist für welche Messung das beste beziehungsweise wo hat die Reproduzierbarkeit von Daten ihre Grenzen? Dies wird Lenhard aus philosophischer Perspektive untersuchen, wie der Professor erläutert: „Vor einigen Jahren hat sich gezeigt, dass bei Studien in der Medizin und der Psychologie die Daten gar nicht so reproduzierbar sind wie angenommen. Dies ist auch bei Simulationsmodellen der Fall, auch wenn hier die Mathematik im Spiel ist und man sich eigentlich auf der sicheren Seite wähnt.“ Es handele sich um eine komplexe Materie. Beispielsweise nutzen Arbeitsgruppen verschiedene Algorithmen und bauen ihre Modelle unterschiedlich auf.

„Man fängt jetzt erst an, diese Tatsache genauer zu untersuchen und stellt dabei fest, dass bei solchen Modellen nicht immer dasselbe rauskommt“, sagt der Philosoph. Sind das Fehler? Sind die Simulationen schlecht gemacht? Oder liegt das in der Natur der Sache, dass bei solchen komplexen Vorgängen gar kein eindeutiges Ergebnis zu erwarten ist? Lenhard: „Wissenschaft lebt von Varianz. Die Frage, was hierbei ein angemessener Rahmen für die Simulationsmodellierung ist, ist noch nicht beantwortet.“

Die Professur, die Johannes Lenhard innehat, ist dem Fachbereich Sozialwissenschaften zugeordnet und räumlich am Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik angesiedelt. Lenhard hat in Mathematik an der Goethe-Universität Frankfurt promoviert und sich in Philosophie an der Universität Bielefeld (2012) habilitiert. Von 2018 bis 2019 war er als Gastprofessor in Philosophie an der University of South Carolina, Columbia, in den USA. Seit 2020 forscht er als Philosoph am Lehrstuhl für Thermodynamik an der RPTU in Kaiserslautern.

Über die Heisenberg-Professur der DFG

Die Heisenberg-Professur ist ein Teil des Heisenberg-Programms, mit dem die DFG herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fördert, die alle Voraussetzungen für die Berufung auf eine Langzeit-Professur erfüllen. Sie haben damit die Möglichkeit, sich weiterhin auf eine wissenschaftliche Leitungsposition vorzubereiten und in dieser Zeit weiterführende Forschungsthemen zu bearbeiten. Die Förderdauer beträgt fünf Jahre. Weitere Informationen unter www.dfg.de/de/foerderung/foerdermoeglichkeiten/programme/einzelfoerderung/heisenberg

Fragen beantwortet:

Professor Dr. Johannes Lenhard

Philosophy in Science and Engineering am Lehrgebiet für Thermodynamik (LTD)

Tel.: 0631 205-4798

E-Mail: johannes.lenhard[at]rptu.de

https://mv.rptu.de/fgs/phise

RPTU
Rheinland-Pfälzische Technische Universität 
Kaiserslautern-Landau
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Über die RPTU

Seit dem 1. Januar 2023 sind die Technische Universität Kaiserslautern und die Universität in Landau die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau. Mit über 20.000 Studierenden und mehr als 300 Professorinnen und Professoren ist die RPTU die zweitgrößte akademische Einrichtung des Landes. Als Ort internationaler Spitzenforschung und akademische Talentschmiede der Wirtschaft und Wissenschaft bietet die RPTU exzellente Studien- und Forschungsbedingungen sowie ein weltoffenes Umfeld. Die RPTU ist zudem Innovations- und Transferpartner für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wer an der RPTU studiert, lernt, forscht oder arbeitet, ist Teil einer lebendigen Universitätsgemeinschaft und gestaltet die Welt von morgen.

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