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Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) e. V.

Sisis Abflug in der Morgendämmerung
So früh und so jung wie kein anderer bisher in Deutschland ausgewilderter Bartgeier hat Sisi die umzäunte Nische verlassen
Offizielle Bartgeier-Führungen buchbar

Berchtesgaden/Hilpoltstein (ots)

27 Tage nachdem der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und der Nationalpark Berchtesgaden am 24. Mai im Klausbachtal zum dritten Mal zwei noch flugunfähige junge Bartgeier ausgewildert haben, hat der erste der beiden Vögel die eingezäunte Felsnische verlassen (siehe Video). "Heute Morgen um 04.38 Uhr hat Sisi uns alle überrascht und ist zum ersten Mal abgehoben und aus der Nische geflogen. Dies kam allerdings nicht völlig unerwartet, nachdem sie zuletzt schon deutliche Anzeichen für ihren unmittelbar bevorstehenden Jungfernflug gezeigt hatte", erklärt LBV-Projektleiter Toni Wegscheider. Bis auch der zweite Jungvogel Nepomuk zum ersten Flug ansetzt, ist es nur noch eine Frage der Zeit. Auch diesen Erstflug kann jede*r mit etwas Glück live per Webcam auf der Webseite des LBV oder des Nationalparks Berchtesgaden mitverfolgen.

"Es ist von Mal zu Mal faszinierend, wie leicht sich diese großen Jungvögel plötzlich in die Luft erheben. Dieser Moment steht symbolhaft für die Rückkehr dieser tollen Vogelart in die freie Wildbahn", freut sich auch Nationalparkdirektor Dr. Roland Baier. Und der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer ergänzt: "Ab sofort ist mit Sisi ein weiterer wilder Bartgeier Teil der bayerischen Alpen und wir sind überglücklich, dass wir sie nach einer morgendlichen Suchaktion sicher auf einem Felsen sitzend wiederentdeckt haben."

Intensives Flugtraining im Vorfeld

Ihrem Instinkt folgend haben die vergangenen Wochen beide Bartgeier von Tag zu Tag mehr Übungsflügelschläge absolviert. Hunderte solcher Schläge und täglicher Flattersprünge wirken wie ein intensives Training der Flugmuskulatur als Vorbereitung für den Erstflug. "Beide Geier haben ähnlich viel geübt wie ihre vier bereits ausgewilderten Vorgängerinnen. Besonders Nepomuk, der eine Woche jünger und deutlich kleiner als Sisi ist, hat uns bisher mit seinem Übungseifer überrascht", beschreibt Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.

Sehr unterschiedlicher Verlauf der Erstflüge

Auch im dritten Jahr war der erste Bartgeier bei seinem Jungfernflug für eine echte Überraschung gut. "Noch bevor die ersten Mitarbeitenden aus dem Bartgeierteam wie jeden Morgen um 5 Uhr ihre Posten an der Beobachtungsplattform bezogen hatten, hob Sisi bereits in der Dämmerung und im Alter von gerade mal 114 Tagen zum ersten Mal in ihrem jungen Bartgeierleben vom Boden ab und flog aus der umzäunten Auswilderungsnische. Schon die letzten Tage war sie sehr unruhig und hatte neue Winkel der Nische erkundet. Dabei hat sie sich an Felsplatten hinabgehangelt und mehrere meterweite Flattersprünge gezeigt", beschreibt Toni Wegscheider. Im Vergleich zum Alter der meisten anderen ausgewilderten jungen Bartgeier im europäischen Wiederansiedelungsprogramm war Sisi mit 114 Tagen beim ersten Flug auch sehr jung, hatte sich zuletzt aber bereits wie ein Jungvogel verhalten, der bereits eine Woche älter ist.

Die Bandbreite, wie unterschiedlich so ein erster Flug eines jungen Bartgeiers aussehen kann, zeigen die Verläufe der bisher ausgeflogenen Vögel, was die markanten individuellen Unterschiede dieser Art unterstreicht. "Von eleganten Gleitflügen mit sicherer Landung bis hin zum hektischen Flatterstart und einer ruppigen Bruchlandung im Wiesenhang unterhalb der Auswilderungsnische war das vom Beobachtungsteam bisher dokumentierte Spektrum beachtlich", so Wegscheider weiter.

Außergewöhnliche Harmonie in der Nische

Nachdem die erste gemeinsame Woche in der Nische bei beiden vergangenen Auswilderungen von häufigen Aggressionen der Geier gegeneinander geprägt war, verlief das Zusammenleben in diesem Jahr von Anfang an überraschend harmonisch. Beide Geier schliefen regelmäßig zusammen auf einem Nest, bettelten sich gegenseitig um Futter an und schnäbelten vertraut miteinander. "Obwohl die Vögel in den Vorjahren schon als außergewöhnlich friedliche Konstellation eingeschätzt wurden, hatte wir dieses Mal erneut großes Glück. Meist verhalten sich Bartgeier als Einzelgänger deutlich aggressiver zueinander, was an anderen Projektorten teilweise sogar schon die nachträgliche Errichtung von Absperrungen in den Nischen erfordert hat", weiß Ulrich Brendel.

Offizielle Bartgeier-Führungen

Am offiziellen Bartgeier-Infostand im Nationalpark an der Halsalm, der auf einer Wanderroute liegt, können sich in den kommenden Wochen alle Besuchenden täglich bei den Projektmitarbeitenden erkundigen, wo genau sich Sisi und Nepomuk gerade aufhalten und wo man sie beim Beobachten am wenigsten stört. Sowohl der LBV als auch der Nationalpark Berchtesgaden bieten jeden Dienstag und Donnerstag kostenlose Bartgeier-Führungen an, für die jedoch eine Anmeldung erforderlich ist. Informationen gibt es unter www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de im Bereich Veranstaltungen sowie unter bartgeier@lbv.de.

Futter in der Umgebung ist ausgelegt

In Vorbereitung auf den ersten Ausflug hat das Bartgeier-Team von Nationalpark und LBV bereits Futter in Rinnen in direkter Umgebung der Nische ausgebracht, das auch fußläufig für die beiden Geier erreichbar ist. Projektmitarbeitende werden auch in den kommenden Wochen immer vor Ort sein und das Verhalten der beiden jungen Bartgeier weiterhin genauso intensiv überwachen wie bisher.

Zum Projekt:

Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern zu den größten, flugfähigen Vögeln der Welt. Anfang des 20. Jahrhunderts war der majestätische Greifvogel in den Alpen ausgerottet. Im Rahmen eines großangelegten Zuchtprojekts werden seit 1986 im Alpenraum in enger Zusammenarbeit mit dem in den 1970er Jahren gegründeten EEP (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm) der Zoos junge Bartgeier ausgewildert. Das europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk wird von der Vulture Conservation Foundation (VCF) mit Sitz in Zürich geleitet. Während sich die Vögel in den West- und Zentralalpen seit 1997 auch durch Freilandbruten wieder selbstständig vermehren, kommt die natürliche Reproduktion in den Ostalpen nur schleppend voran. Ein vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und dem Nationalpark Berchtesgaden gemeinsam initiiertes und betreutes Projekt zur Auswilderung von jungen Bartgeiern im bayerischen Teil der deutschen Alpen greift dies auf und unterstützt in Kooperation mit dem Tiergarten Nürnberg die alpenweite Wiederansiedelung. Dafür werden in den kommenden Jahren im Klausbachtal junge Bartgeier ausgewildert - im Jahr 2021 erstmals in Deutschland. Der Nationalpark Berchtesgaden eignet sich aufgrund einer Vielzahl von Faktoren als idealer Auswilderungsort in den Ostalpen. Mehr Informationen zum Projekt unter www.lbv.de/bartgeier-auswilderung.

Pressekontakt:

Für Rückfragen LBV-Pressestelle:
Markus Erlwein |Stefanie Bernhardt | Franziska Back, E-Mail: presse@lbv.de, Tel.: 09174 / 4775 -7180 | -7184 | -7187. Mobil: 0172-6873773.

Nationalpark Berchtesgaden Pressestelle:
Carolin Scheiter, E-Mail: pressestelle@npv-bgd.bayern.de, Tel: 08652 / 9686-130.

Video- und Fotomaterial für Ihre Berichterstattung:
Videos und Fotos finden Sie unter www.lbv.de/bartgeier-presse
Bitte beachten Sie den dortigen Hinweis zur Verwendung!

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