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Kind stirbt unter Rolltor - Verursacher längst ermittelt

Berlin (ots)

Im Internet wird derzeit in einem Beitrag unter der Rubrik «Eilmeldung» behauptet, in Neu Wulmstorf bei Hamburg sei «am Freitagnachmittag» ein Kleinkind durch ein herabgestürztes Rolltor erschlagen worden. Nach dem Verursacher, einem Lkw-Fahrer, werde gesucht.

BEWERTUNG: Es handelt sich um keinen aktuellen Fall. Das Mädchen war im Ende 2018 bei dem tragischen Unfall ums Leben gekommen. Der Unfallfahrer wurde wenige Tage später ermittelt. Ihn trifft nach Angaben der Staatsanwaltschaft keine Schuld.

FAKTEN: Auf der Webseite «polizei.to» ist vor kurzem unter der Rubrik «Eilmeldung» ein Bericht über einen tragischen Unfall in Neu Wulmstorf bei Hamburg erschienen. Eine Sechsjährige sei dort «am Freitagnachmittag» ums Leben gekommen. Wie es dazu kam: Ein Lkw-Fahrer sei beim Wenden gegen ein Rolltor gefahren. Das Tor sprang aus der Fassung und begrub das Kind unter sich, heißt es in dem Artikel. Der Lkw-Fahrer sei davongefahren. Es gebe nach «Polizeiangaben vom Samstag» noch keine Angaben zum Verursacher.

Der Text vermittelt den Anschein, als habe sich der Fall aktuell ereignet. Auf der Internetseite «polizei.to» ist zwar nicht ersichtlich, wann der Artikel dort veröffentlicht wurde. Doch in den Browserinformationen zur Website ist der 19. August 2019 als Zeitpunkt der Veröffentlichung angegeben («article:published_time: 2019-08-19T06:09+02:00»).

Der geschilderte Unfall hat sich tatsächlich in Neu Wulmstorf ereignet, allerdings schon am 23. November 2018. Der Verursacher wurde kurze Zeit später ermittelt. Das Verfahren gegen den Mann ist nach Behördenangaben im Mai eingestellt worden. «Dem Fahrer war keine strafbare Handlung nachzuweisen», sagte der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Stade, Kai Thomas Breas, am 20. August 2019 der Deutschen Presse-Agentur. Ein Gutachter habe festgestellt, dass das Tor unzureichend gesichert gewesen sei. «Bei dem Unfallereignis kam es also zu einer unglücklichen Verkettung von Umständen, die dem Mann [dem Fahrer] nicht vorgeworfen werden können.»

Die Betreiber der Seite «polizei.to» veröffentlichen häufig völlig veraltete Polizeimeldungen. Mit Hinweisen wie «Dringend» und der Aufforderung zum Teilen wird der Eindruck erweckt, es handele sich jeweils um aktuelle Fälle in Deutschland. Über Facebook werden viele dieser Beiträge verbreitet, regelmäßig etwa von mehr als zwei Dutzend sehr ähnlich aussehenden Seiten unter der Bezeichnung «Polizeipresse».

Bei der Seite «polizei.to» steht die Endung «.to» für eine Registrierung im südpazifischen Inselstaat Tonga (http://dpaq.de/iMgw3). Das Königreich galt in den vergangenen Jahren als sicherer Hafen für dubiose Seitenbetreiber.

Auch im Impressum von «polizei.to» (http://dpaq.de/hf0CG) gibt es keine Verbindung zu Deutschland. Als Inhaber wird «Arlen Birely» aufgeführt, die Adresse führt zu einem Dorf an der Westküste Zyperns.

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Links

Text zum Unfall in Neu Wulmstorf auf «polizei.to»: https://www.polizei.to/bitte-teilen-unfallflucht-6-jaehrige-kommt-ums-leben/ (archiviert: http://dpaq.de/MIEnL)

Polizei Harburg: Zeugenaufruf nach tragischem Unfall, 23.11.2018: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/59458/4124501 (archiviert: http://dpaq.de/ZxEO9)

Polizei Harburg: Mutmaßlicher Unfallversursacher ermittelt, 30.11.2018: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/59458/4130256 (archiviert: http://dpaq.de/g86Ua)

Kontakt Staatsanwaltschaft Stade: https://www.staatsanwaltschaft-stade.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/pressekontakte/pressekontakte-156766.html (archiviert: http://dpaq.de/enVq9)

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Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com

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