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Interessenverband Unterhalt u. Familienrecht - ISUV

ISUV und DAV mahnen Gesetzentwurf zur Reform des Unterhalts- und Kindschaftsrechts an
Mehr Transparenz beim Kindesunterhalt

Nürnberg (ots)

Das Unterhalts- und Kindschaftsrecht ist in die Jahre gekommen, es wird der sozialen Wirklichkeit nicht gerecht. Rechtsanwältin Eva Becker, Vorsitzende des Ausschusses Familienrecht im Deutschen Anwaltverein fordert eine "grundlegende Reform des Abstammungs-, Unterhalts- und Kindschaftsrechts" ein, wie dies vor der Wahl und im Koalitionsvertrag angekündigt wurde. "Der Gesetzgeber muss jetzt schnell die Initiative ergreifen und die aus dem Ruder gelaufene Rechtsprechung einfangen und mit einfachen Regelungen ausstatten", fordert Prof. Dr. Isabell Götz, Vors. Richterin am OLG, Mitherausgeberin der FamRZ und Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstages.

Angekündigt wird diese dringend notwendige Reform schon seit zwei Legislaturperioden, aber sie wurde immer wieder verschoben. Vordringlich ist die Reform des Kindesunterhaltsrechts. "Leitgedanke muss sein, beide Elternteile betreuen, beide bezahlen. Das wird in den meisten jüngeren Familien schon praktiziert. Nach Trennung ist gemeinsame Elternschaft eine soziale und wirtschaftliche Notwendigkeit um Armut zu vermeiden. Das Recht muss entsprechend ausgerichtet werden. Wie angekündigt, muss jetzt ein Gesetzentwurf kommen. Die Hälfte der Legislaturperiode ist schon vorbei. Wenn nicht jetzt ein Entwurf kommt, läuft wieder die Zeit davon", stellt Melanie Ulbrich, Vorsitzende von ISUV-Verband Unterhalt und Familienrecht fest.

Kritik an der Praxis des Kindesunterhaltsrechts

Seit einigen Jahrzehnten wird die Höhe des Kindesunterhalts schematisch nach der Düsseldorfer Tabelle (DTB) festgelegt. In der Tabelle werden Beträge gefordert, die in den unteren Einkommensgruppen unter Berücksichtigung des notwendigen Eigenbedarfs nicht geleistet werden können. Die Tabelle befindet sich seit Jahren in einer "Schieflage", schafft "Mangelfälle", aber noch nie so viele wie in diesem Jahr wegen massiver Preissteigerungen und Inflation.

Die DTB geht davon aus, dass stets nur ein Elternteil Unterhaltsschuldner ist, dass also nur ein Elternteil Barunterhalt schuldet. Dies mag zu Zeiten der Schaffung der Düsseldorfer Tabelle in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts noch zutreffend gewesen sein. Inzwischen stimmt diese Annahme aber so nicht mehr. Immer mehr Frauen sind oder müssen schon in der Ehe vollzeitig oder zumindest in Teilzeit erwerbstätig sein. Dies gilt umso mehr nach der Trennung, wenn doppelte Kosten anfallen.

Auf Kritik stößt die bundeseinheitliche Festlegung des notwendigen Eigenbedarfs der Unterhaltspflichtigen. Transparent wird nicht, was für Essen, Kleidung, etc. angesetzt wird. Die großen Unterschiede in den Lebenshaltungskosten innerhalb Deutschlands, die u.a. durch die unterschiedliche Miethöhe auch mitverursacht werden, lassen sich nicht - bei allem guten Willen - in einem bundeseinheitlichen Betrag darstellen. Für die Wohnkosten in München wird die gleiche Pauschale von 520 EURO wie auf dem Land festgelegt; aber auch dort findet man für 520 EURO selten eine warme Wohnung.

In welchen Fällen und in welchen Zeitabständen der notwendige Eigenbedarf neu festgesetzt wird, ist nicht geregelt. Manchmal wird alle drei Jahre, dann auch mal im Zwei-Jahres-Abstand angehoben, gleichzeitig aber steigt jedes Jahr der Kindesunterhalt. "Es fehlt die Transparenz. Wenn die Kosten für Lebensmittel und für Wohnen steigen, dann betrifft das beide Seiten, Unterhaltspflichtige und Unterhaltsberechtigte", hebt Ulbrich hervor.

Seitens ISUV kritisiert man auch den Gesetzgeber, der zwar den Mindestunterhalt festlegt, aber zum notwendigen Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen schweigt und somit Richtern die Entscheidung über eine wichtige sozialpolitische Frage überlässt, über die sie dann auch "zu Gericht sitzen". Ulbrich kritisiert: "Das tangiert das demokratische Prinzip der Gewaltenteilung."

Forderungen des ISUV

Auf Grund der mangelnden Transparenz, auf Grund der mangelnden Flexibilität, auf Grund der offensichtlichen Mängel fordert ISUV eine Abkehr von der Düsseldorfer Tabelle. Dies lässt sich leicht bewerkstelligen, wenn durch eine kleine Änderung im BGB der Unterhalt an die Lebensstellung der Eltern gebunden wird. Einem Kind der mittleren Altersstufe - 6 - 11 Jahren - würden dann einfach 15% des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen zustehen. Ulbrich betont: "Der Kindesunterhalt orientiert sich dann unmittelbar an der Lebensstellung der Eltern, wie es ja das Gesetz vorsieht. Die Festsetzungen der Düsseldorfer Tabelle mit starren Einkommensgruppen werden dann nicht länger gebraucht. Viele Trennungseltern könnten aufatmen. Für unsere Mitglieder, für Betroffene besonders wichtig, Unterhaltsprozesse können vermieden werden."

Für die Wohnkosten muss eine realistische und angemessene Regelung gefunden werden. Seitens ISUV schlagt man vor: Die unterschiedlichen Wohnkosten in den Regionen und Städten Deutschlands können problemlos berücksichtigt werden, indem man die im Wohngeldrecht bereits bestehende Staffelung übernimmt. Dort ist ganz Deutschland ausgehend von den jeweiligen durchschnittlichen Wohnkosten in sieben Gruppen eingeteilt. Eine Stadt in der Gruppe 4 entspricht dabei dem Durchschnitt, München in Gruppe 7 den höchsten Wohnkosten. Eine solche Staffelung wäre für die Festlegung des notwendigen Eigenbedarfs wohl ebenso sachgerecht. Es würde eine hinreichende Differenzierung zwischen eher günstigen Wohngegenden und den Universitätsstädten oder München erreicht. "Für Unterhaltsschuldner hat das den Vorteil, dass sie künftig leicht erkennen, was ihnen verbleibt, um ihre eigenen Kosten zu bestreiten", erklärt Melanie Ulbrich

Bei einer Reform des Unterhaltsrechts muss berücksichtigt werden, ab welchem Einkommen sind die Schuldner, also die Trennungseltern, überhaupt leistungsfähig? Wenn die vom Kind getrenntlebende Mutter oder der getrenntlebende Vater im Monat beispielsweise 1.800.- EUR netto verdient, dann stellt sich auch die Frage, wieviel der Schuldner zahlen kann und nicht nur, wieviel das Kind braucht. Wieviel verbleibt dem Schuldnerfür sein Leben? Unterhalt muss gleichzeitig aus der Perspektive des Unterhaltspflichtigen und des Unterhaltsberechtigten gesehen werden.

Forderung von ISUV war und ist des Weiteren Mindestunterhalt und Selbstbehalt parallel anzuheben. Diese Forderung ist nicht neu, sie wurde schon im Kaoalitionsvertrag von 2017 aufgegriffen: "Wir prüfen, inwieweit Unterhaltsbedarf und Selbstbehalt verbindlich geregelt werden könnten." - Passiert ist nichts. - "Die Festlegung des notwendigen Eigenbedarfs ist eine wichtige sozialpolitische Frage. Es geht um Milliardenbeträge, es geht um Lebenschancen, es geht um Armutsvermeidung, es geht um soziale Gerechtigkeit für Millionen Menschen", betont Ulbrich. Richtlinie müsse sein, dass Unterhaltsschuldner und Unterhaltsschuldnerinnen auch die Miete in Frankfurt, Hamburg, München, ... bezahlen können.

Neu und eine zentrale Aufgabe der Reform des Unterhaltsrechts wird es sein, die Schnittstellen zwischen Sozialrecht und Unterhaltsrecht zu berücksichtigen und herauszustellen. "Immer mehr Trennungseltern, die im Niedriglohnsektor arbeiten reicht das Einkommen nicht. Sie sind arm und müssen auf Sozialleistungen, wie beispielsweise Wohngeld zurückgreifen", stellt Manfred Hanesch, Fachanwalt für Sozial- und Unterhaltsrecht fest.

ISUV - Kompetenz im Familienrecht seit über 45 Jahren Der ISUV vertritt als größte deutsche und überparteiliche Solidargemeinschaft die Interessen von Bürgern, die von Trennung, Scheidung und den damit zusammenhängenden Fragen und Problemen betroffen sind. ISUV ist unabhängig, bundesweit organisiert und als gemeinnützige Organisation anerkannt.

Kontakt:

ISUV-Bundesgeschäftsstelle, Postfach 210107, 90119 Nürnberg, Tel.
0911/55 04 78, - info@isuv.de
ISUV-Vorsitzende, Melanie Ulbrich, Donaustr. 30, 63322 Rödermark,
Tel. 06074 92 25 80 - m.ulbich@isuv.de
ISUV-Pressesprecher, Josef Linsler, Moltkestraße 22a, 97318
Kitzingen, Tel. 09321/9279671 - j.linsler@isuv.de

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