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Börsen-Zeitung: Unbekanntes Terrain voraus, Kommentar von Jürgen Schaaf zur Zinssenkung der Europäischen Zentralbank

Frankfurt (ots)

Die Wirtschaftskrise ist als bittere aber nicht
mehr zu leugnende Realität im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) 
angekommen. Während die Währungshüter sich lange trotz eigener 
geldpolitischer Lockerungsübungen dagegen gesträubt hatten, sich zu 
dem globalen Club der aggressiven Zinssenker zu bekennen, ist dies 
nach der gestrigen Zinssenkung um weitere 50 Basispunkte auf 2,0% 
anders. Nicht nur, dass nach dem um insgesamt 225 Basispunkte 
gekappten Zins in nur drei Monaten die Fakten eine klare Sprache 
sprechen. Auch die Kommunikation der "EasyB", wie Analysten mitunter 
spotten, ist offensiver geworden.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat zwar deutlich gemacht, dass 
sich am Mandat der Notenbank nichts geändert hat. Nach wie vor sei 
"die eine Nadel unseres Kompasses" die Sicherung von Preisstabilität 
- und nicht etwa reine konjunkturelle Feinsteuerung, die 
zinssenkenden Notenbanken mitunter unterstellt wird. Gleichwohl hat 
sich aber die Richtung der Bedrohung für stabile Preise geändert. 
Trichet betonte mehrfach, dass das Stabilitätsverständnis der EZB ein
Inflationsniveau von nicht nur "unter", sondern auch "nahe 2%" 
vorsieht. Der Stabilitätsauftrag der EZB ist ein symmetrischer, und 
derzeit besteht die Gefahr, dass sich die Teuerungsrate zu stark der 
Nulllinie nähert.
Aber damit nicht genug. Ungewöhnlich deutlich hat Trichet 
signalisiert, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sei.
Im Februar, so die wenig verklausulierte Botschaft, werden die 
Währungshüter noch einmal innehalten, um dann im März in bislang 
unbekanntes Terrain vorzustoßen. Dann dürften weitere Zinsschritte 
nach unten folgen.
Bislang zögerten die Frankfurter Notenbanker, über ein 
Leitzinsniveau unterhalb des bisherigen Rekordtiefs nachzudenken. 
Diese Bedenken hat Trichet ebenso offiziell ausgeräumt, wie er klar 
gemacht hat, dass die Grenzen der Orthodoxie die EZB nicht daran 
hindern werden, gegen die Gefahr einer Abwärtsspirale von sinkenden 
Preisen und schrumpfender Wirtschaft vorzugehen. Das heißt, die EZB 
hat ebenso wie die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) eine Reihe 
weiterer Möglichkeiten, selbst wenn der Leitzins - das konventionelle
Mittel der Geldpolitik - ausgereizt ist. Die Botschaft ist 
offenkundig: Sollte die Situation es erfordern, wird die EZB diese 
Instrumente auch einsetzen.
(Börsen-Zeitung, 16.1.2009)

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