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Bundesärztekammer

106. Deutscher Ärztetag eröffnet
Hoppe warnt vor Vertrauenskrise im Gesundheitswesen

Köln (ots)

Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Jörg-Dietrich
Hoppe sieht neben der schon bestehenden Finanzkrise Anzeichen für
eine zunehmende Vertrauenskrise im Gesundheitswesen. "Anstelle des
Vertrauens in die handelnden Personen hat sich eine defätistische
Misstrauenskultur breit gemacht", sagte er zur Eröffnung des 106.
Deutschen Ärztetages am Dienstag in Köln in Anwesenheit von
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. "Probleme muss man offen
und ehrlich angehen, nicht nur in der Medizin, auch in der Politik",
forderte Hoppe.
Mit Schuldzuweisungen und Unterstellungen über angeblich mangelnde
Qualität der medizinischen Behandlung würden die Probleme dagegen
nicht gelöst. Einem Gesundheitswesen aber, dem die Menschen nicht
mehr vertrauen, könnten auch die Ärztinnen und Ärzte nicht mehr
vertrauen. Das Ärztliche im Arztberuf müsse bewahrt werden, betonte
der Ärztepräsident. "Die Menschen wollen keinen Gesundheitsmanager,
die Menschen wollen einen Arzt, dem sie vertrauen."
Mit dem vorliegenden Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums zu
einem Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz werde Rationierung von
medizinischen Leistungen verdeckt. "Alle wichtigen Regelungen, die
der Gesetz-Entwurf vorsieht, sind dem Ziel der geplanten Rationierung
untergeordnet", analysierte er. Darüber müsse offen geredet werden.
"Die Versuche, mit den Vorwürfen der Über-, Unter- und Fehlversorgung
dieses Problem einseitig auf die Ärzte abzuwälzen, sind schlicht
unmoralisch", kritisierte Hoppe. Heimliche Rationierung müsse
offengelegt werden, sonst zerstöre sie auf  Dauer das Vertrauen im
Patienten-Arzt-Verhältnis.
Durch das geplante Gesetz aber werde eine "Prüf- und
Überwachungsbürokratie" etabliert, wie sie mit einem menschlichen
Gesundheitswesen nicht vereinbar sei. Der Aufgabenbereich des
geplanten "Beauftragten zur Bekämpfung von Missbrauch und Korruption
im Gesundheitswesen" etwa begünstige eine "ideologisch begründete
Anprangerung Einzelner" nach Willkür des Beauftragten und "in
Kumpanei mit einer politischen Bürokratie", urteilte Hoppe. "Wie
sollen sich Betroffene gegen solche Angriffe auf der Basis
gesellschaftspolitischer Wertungen wehren können?"
Zur vermeintlichen Qualitätsoffensive der Bundesregierung gehöre
offensichtlich auch die gesetzlich geregelte Fortbildungspflicht,
meinte Hoppe mit Blick auf den geplanten "Fortbildungs-TÜV" für
Ärzte. Dabei sei konsequente Fortbildung längst als Verpflichtung des
Arztes in der Berufsordnung festgeschrieben. Zur Freiberuflichkeit
des Arztes gehöre es auch, die Art und Weise der Fortbildung selbst
wählen zu können. "Wer hier die Selbstbestimmung des Arztes durch
Zwangsregulierung ersetzt, zerstört die außerordentlich hohe
Eigenmotivation und Lernbereitschaft unserer Ärztinnen und Ärzte",
sagte Hoppe.
Auch die Patienten würden in ihrer Freiheit erheblich beschnitten,
fuhr er fort. So solle die freie Facharztwahl aufgehoben werden. Die
Fachärzte würden in einzelvertragliche Abhängigkeiten einer AOK-
dominierten Kassenfront geführt. "Alle Macht den Kassen - das kann
doch nicht das Ziel einer Gesundheitsreform sein, die den Patienten
in den Mittelpunkt stellen will", so Hoppe.
Bei aller Kritik betonte der BÄK-Präsident ausdrücklich den Willen
der Ärzteschaft zu konstruktiver Zusammenarbeit. "Wir wollen auch
jetzt noch unsere Erfahrung einbringen, damit es nicht zu einer
Vertrauenskrise im Gesundheitswesen kommt." Es gebe eine Vielzahl
gemeinsamer Ansatzpunkte, etwa den Ausbau der hausärztlichen
Versorgung, mehr Transparenz im Gesundheitswesen und eine Stärkung
der Prävention. Ausdrücklich begrüßte Hoppe auch die Entscheidung für
eine Anhebung der Tabaksteuer zur Finanzierung versicherungsfremder
Leistungen. "Die geplante Erhöhung der Tabaksteuer ist konsequent und
richtig. Hier haben Sie, verehrte Frau Ministerin, unsere volle
Unterstützung."

Rückfragen bitte an:

Pressestelle der deutschen Ärzteschaft
Tel. (030) 30 88 98 30

Während des Ärztetages ist die Pressestelle der deutschen Ärzteschaft
in Köln unter folgender Rufnummer zu erreichen: (0221) 92 58 99 73

Original-Content von: Bundesärztekammer, übermittelt durch news aktuell

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