Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Industriefischerei bedroht Meeresschutzgebiet in der Nordsee: Jährlich 250.000 Tonnen Sandaale für Fischmehl und Fischöl gefangen
Berlin/Brüssel (ots)
- BUND-Analyse: Jagd auf Sandaale zerstört Schutzgebiet Doggerbank
- Sandaalfischerei MSC-zertifiziert trotz Grundschleppnetz-Einsatz
- Sandaal zentral für Ökosystem Nordsee
Jährlich werden in der Nordsee rund eine Viertelmillion Tonnen Sandaale nur für die Futtermittelproduktion gefischt. Betroffen ist auch das Meeresschutzgebiet Doggerbank, wie eine aktuelle Analyse des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ergeben hat. Zum Einsatz kommen dabei besonders zerstörerische Grundschleppnetze. Die Sandaale werden ausschließlich für die Produktion von Fischmehl und Fischöl gefangen, das in Aquakulturen und in der Massentierhaltung an Land verfüttert wird. Mit einer Petition richtet sich der BUND an den verantwortlichen Bundesfischereiminister Alois Rainer: Darin fordern aktuell fast 60.000 Menschen ein Ende der zerstörerischen Fischerei mit Grundschleppnetzen in dem deutschen Schutzgebiet.
Valeska Diemel, BUND-Expertin für Fischerei: "Unsere Auswertung von Fischereidaten hat ergeben, dass jährlich etwa 250.000 Tonnen Sandaale in der Nordsee ausschließlich für die Futtermittelproduktion gefangen werden. Davon werden 94.000 Tonnen im Gebiet der Doggerbank gefangen. Einer geschützten Sandbank, die als das Herz der Nordsee gilt. Diese Umweltzerstörung muss ein Ende haben. Ein Verbot von Grundschleppnetzen in geschützten Gebieten ist längst überfällig."
Sandaale spielen als Futterfische eine zentrale Rolle im Nahrungsnetz der Nordsee. Im Gebiet der Doggerbank, der größten Sandbank der Nordsee, finden sie optimale Lebensbedingungen und leben dort in großen Schwärmen. Besonders die im Schutzgebiet Doggerbank lebenden Arten wie Minkwale, Schweinswale, Seehunde und Kegelrobben, aber auch Seevögel wie der Papageientaucher, sind auf die Sandaale als nährstoffreiche Nahrungsgrundlage angewiesen.
Diemel: "Die jährlich in der Doggerbank gefischte Menge von Sandaalen könnte 3,4 Millionen Papageientaucher ein Jahr lang ernähren. Die praktizierte Industriefischerei auf den Sandaal bedroht also direkt die Tierwelt vor unserer Haustür."
Grundschleppnetzfischerei im Schutzgebiet vom MSC als "nachhaltig" zertifiziert
Sandaale werden ausschließlich mit Grundschleppnetzen gefischt, da die Tiere den Großteil ihres Lebens vergraben im sandigen Meeresboden verbringen. Grundschleppnetze zählen zu den größten Bedrohungen für die marine Artenvielfalt. Im Fall der Industriefischerei auf Sandaal werden große schwere Netze über den Meeresboden gezogen, um Unmengen an Fisch aus dem Meer zu ziehen. Damit die kleinen Sandaale mit einer Körpergröße von 20 bis 40 Millimetern gefangen werden können, haben die Grundschleppnetze besonders kleine Maschen mit einem Durchmesser von weniger als 16 Millimetern.
Diemel: "Die Grundschleppnetze, mit denen auf der Doggerbank nach Sandaalen gefischt wird, gleichen mit ihren engen Maschen eher einem Sieb als einem Netz. So werden alle Lebewesen, die größer als 16 Millimeter sind, als Beifang zum Kollateralschaden der Sandaalfischerei. Gleichzeitig wird der geschützte Lebensraum auf der Doggerbank zerstört. Das alles hindert den MSC jedoch nicht daran die Grundschleppnetzfischerei auf Sandaal als nachhaltig zu zertifizieren. Das Einzige was an dieser Fischerei nachhaltig ist, ist die Zerstörung des Ökosystems in der Nordsee."
Sandaale werden ausschließlich als Futtermittel für Aquakultur und Massentierhaltung gefischt
Die Sandaale in der Nordsee und im Schutzgebiet Doggerbank werden aufgrund ihres hohen Fettgehalts ausschließlich für die Produktion von Fischmehl und Fischöl verwendet. Nur zehn Prozent des weltweit produzierten Fischmehls und Fischöls werden aus Nebenprodukten und Abfällen der Fischverarbeitung hergestellt. Der Hauptanteil besteht mit 90 Prozent aus ganzen Meerestieren, die wie der Sandaal gezielt für die Produktion von Futtermittel gefangen werden oder als Beifang in den Fischernetzen verenden. Weltweit geht der größte Anteil des Fischmehls (87 Prozent) und Fischöls (74 Prozent) in die Aquakultur. In Europa ist die Lachsaquakultur in Norwegen der größte Abnehmer.
Diemel: "Wir fordern Bundesfischereiminister Alois Rainer auf, Verantwortung zu zeigen und diese zerstörerische Fischereipraxis im Schutzgebiet Doggerbank zu beenden. Als BUND sammeln wir mit einer Petition derzeit Unterschriften, die uns in dieser Forderung den Rücken stärken. Doch trotz der bisher 56.000 Unterschriften hat der Minister die Annahme der Petition abgelehnt. Wir belegen mit unserer Analyse erneut die Missstände im Meeresschutzgebiet Doggerbank und hoffen auf weitere Unterstützung."
Hintergrund:
Die Doggerbank ist mit einer Fläche von rund 25.000 Quadratkilometern etwa siebenmal so groß wie Mallorca und damit die größte Sandbank inmitten der Nordsee. Sie erstreckt sich über die Meeresgewässer von Großbritannien, den Niederlanden, Deutschland und Dänemark.
Meeresschutzgebiete wie die Doggerbank sind unverzichtbar, um die biologische Vielfalt der Erde zu erhalten. Die Ausweisung eines Schutzgebietes alleine sagt noch nichts über die erlaubten Nutzungen aus. Ohne spezifische Verbote dürfen auch zerstörerische Praktiken wie die Grundschleppnetzfischerei dort weiter stattfinden.
Im Juli 2025 hat der BUND eine Petition zum Schutz des deutschen Schutzgebiets auf der Doggerbank gestartet. Bis dato haben über 56.000 Personen die Petition an den Bundesfischereiminister Alois Rainer unterzeichnet und fordern mit dem BUND ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei im Schutzgebiet. Die Terminanfrage des BUND für eine Übergabe der Unterschriften an den Minister wurde abgelehnt. Die Petition läuft noch bis 20. Oktober 2025.
Terminhinweis Bildaktion und Petitionsübergabe: Am 22. Oktober übergibt der BUND im Rahmen einer Bildaktion in Berlin fast 60.000 Unterschriften der Petition "Rettet das Herz der Nordsee" . Hierzu versenden wir eine gesonderte Einladung. Bei Interesse melden Sie sich gerne in der Pressestelle.
Mehr Informationen:
- BUND-Analyse: Wie die Jagd auf Sandaale ein Schutzgebiet zerstört - Industriefischerei im Herzen der Nordsee
- BUND-Petition: Rettet das Herz der Nordsee!
- Kontakt: Valeska Diemel, E-Mail: Valeska.Diemel@bund.net, Mobil: 0178-8101714
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