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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Protest gegen Putin

Bielefeld (ots)

So sexy war Deutschlands größte Industriemesse noch nie. Die einstige Leistungsshow der heimischen Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren meist einen eher lahmen Eindruck hinterlassen. Jetzt verhilft ihr der barbusige Protest der Frauenorganisation Femen gegen die Menschenrechtspolitik des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu unerwarteter Publicity. Natürlich ist diese Art der Werbung nicht nach dem Geschmack der Messegesellschaft. Aber sie ist zulässig. In Russland bringen bereits die ganz normalen Versuche, abweichende Meinungen bekannt zu machen, Kreml-Gegner in Gefängnisse und Arbeitslager. Da muss man schon so spektakulär auftreten wie die Punkband Pussy Riot, um noch über den Tag hinaus Aufmerksamkeit zu erlangen. Dagegen sind der ehemalige Konzernchef und politische Gegner Putins, Michail Chodorkowski, sein Partner Platon Lebedew und andere Dissidenten jahrelang hinter Gittern, ohne dass noch viele davon Notiz nehmen. Anna Politkowskaja ist nur die prominenteste Journalistin und Menschenrechtlerin, die im Land des »lupenreinen Demokraten« Putin (Ex-Kanzler Gerhard Schröder) in den vergangenen Jahren ermordet wurde. Was sind da im Vergleich schon ein paar nackte Brüste? Sicher, man konfrontiert seine Gäste normalerweise nicht mit Peinlichkeiten. Aber Putin ist kein normaler Gast, sondern ein Diktator. Zwar hat er zugegebenermaßen einen Großteil der Bevölkerung hinter sich. Aber ob es die Mehrheit ist, weiß angesichts grober Wahlfälschungen keiner. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat, wenn der öffentliche Eindruck nicht täuscht, in kleiner Runde mit ihrem Staatsgast Klartext gesprochen. Das ist sie nicht nur ihrer DDR-Vergangenheit, sondern vor allem der Zukunft der deutsch-russischen Freundschaft schuldig. Denn Druschba (Freundschaft) hat nur Zukunft, wenn sie auf Prawda (Wahrheit) und Glasnost (Offenheit) beruht. Die Durchsuchung der Büros westlicher Parteistiftungen und Nichtregierungsorganisationen einschließlich Amnesty Internationals sind Schläge ins Gesicht des Freundes. Die Mitnahme von Akten und Computerfestplatten diente einzig dem Zweck, Verbindungen zur Opposition offenzulegen. Dagegen sollte auch jeder Unternehmer, der Wert auf freie Marktwirtschaft und Demokratie legt, eintreten. In Hannover hat Putin äußerlich gelassen auf die nackte Provokation reagiert. Aber was hätte er auch sagen sollen? Er hat sich selbst wiederholt mit bloßem Oberkörper fotografieren lassen. Wer auf die Art seine Männlichkeit politisch einsetzt, darf sich über nackte Frauenhaut als Mittel der Opposition nicht beklagen. Ob allerdings die Organisation Femen, die barbusigen Protest offenbar zu ihrem Markenzeichen gemacht hat, damit immer gut fährt, darf bezweifelt werden. Zumindest sollten die Vorwürfe dann einer Überprüfung standhalten, was vor kurzem im Falle eines kleineren Angriffs auf den Bielefelder Europaabgeordneten Elmar Brok offenbar nicht der Fall gewesen ist.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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