Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Merkel im US-Kongress
Bielefeld (ots)
Unter großem Applaus betrat Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern um 16.43 Uhr den US-Kongress, unter noch größerem Beifall beendete sie ihre Rede. Keine Frage: Angela Merkel hat die Gunst der Stunde genutzt. Die Kanzlerin hat eine sehr persönliche und sehr gute Rede gehalten. Angela Merkel wusste um die große Ehre, die ihr zuteil wurde, als deutsche Regierungschefin vor beiden Kammern des Kongresses zu sprechen. Ihr ist diese Ehre nicht zur Bürde geworden. Im Gegenteil: Sieben Mal erhoben sich die US-Abgeordneten von ihren Plätzen, um der Kanzlerin stehend zu applaudieren. Geschickt verwob die Kanzlerin Vergangenheit und Gegenwart. Mit sehr privaten Bemerkungen berichtete Merkel aus ihrem Leben in der DDR und wie sie selbst den Fall der Berliner Mauer erlebt hat. Sie ließ die Abgeordneten wissen, wie sie mit ihrem Mann 1990 erstmals nach Kalifornien gereist ist und die Sonne im Pazifik untergehen sah: »Es war grandios.« Das war das Pathos, das die Amerikaner so lieben, aber es war eben auch die Authentizität, die nur eine Ostdeutsche in eine solche Geschichte legen kann. So erwartbar und echt ihr Dank an die Amerikaner für die große Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg und auf dem langen Weg zur deutschen Wiedervereinigung war, so klar waren ihre Worte, als es um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ging. Angela Merkel ließ nichts aus: internationaler Terrorismus, Iran und Israel, Weltwirtschaftsordnung und Klimaschutz. Merkel blieb stets diplomatisch, wie es sich für einen Staatsgast gehört. Doch sie formulierte unmissverständlich, wie es sich die USA von ihrem wichtigsten europäischen Verbündeten gefallen lassen müssen. Die Kanzlerin hat keinen Zweifel daran gelassen, wofür ein Deutschland unter ihrer Führung steht: Bündnistreue in Afghanistan, keine Atomwaffen in iranischen Händen und Schutz der Integrität Israels mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung. Sie hat aber auch gesagt, wo sie einen höheren Einsatz der USA erwartet. So müsse es den Mitgliedern der G20 gelingen, einen stärkeren Ordnungsrahmen für die weltweiten Märkte zu schaffen. Ebenso dringlich ist für die Kanzlerin der Klimaschutz, denn: »Wir haben keine Zeit zu verlieren.« Angela Merkel hat die Seele der Amerikaner gestreichelt, als sie von der Kraft der Freiheit und den Möglichkeiten der Globalisierung sprach. Doch sie hat daraus auch eine Verpflichtung abgeleitet. Auf Grundlage der gemeinsamen Geschichte und der gemeinsamen Wertebasis gehe es darum, die Zukunft zu gestalten: »Wir müssen gemeinsam vorangehen.« Die Kanzlerin hat den USA dazu gestern die Hand gereicht. Sie hat Demut und Selbstbewusstsein zugleich bewiesen. Nichts ist mehr von der Eiszeit der Ära Bush-Schröder. Diese Rede war ein Beweis für das neue Vertrauensverhältnis beider Länder. Und sie war ein Beweis dafür, dass Angela Merkel eine exzellente Botschafterin Deutschlands ist.
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