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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zur Einigung im Kita-Tarifstreit

Bielefeld (ots)

Es war eine Problemschwangerschaft, die in einer
Zangengeburt endete. Doch nun ist er endlich da, der neue 
Tarifvertrag für die Erzieherinnen in den kommunalen Kindergärten. 
Aus Gewerkschaftssicht ist es ein wahrer Prachtkerl geworden: 
Durchschnittlich 120 Euro mehr im Monat für die Erzieherinnen, dazu 
erstmals eine Übereinkunft über ein Anrecht der 220 000 Beschäftigen 
auf individuellen Gesundheitsschutz - Verdi und GEW haben sich mit 
ihren Forderungen weitgehend durchgesetzt.
Abertausenden Eltern dürfte ein Stein vom Herzen fallen. Vorbei sind 
die nervigen Streik-Tage mit Notgruppen und Alarm-Einsatz von 
Großeltern, Nachbarn oder Freunden. Endlich ist die Kinderbetreuung 
wieder verlässlich planbar. Und den wahrlich nicht üppig entlohnten 
Erzieherinnen gönnt man die Gehaltssteigerung von Herzen.
Also: Ende gut, alles gut? Im Gegenteil: Der neue Tarifvertrag 
markiert erst den Anfang eines langen Weges.
Erstens: Nicht die Kommunen, sondern die Kirchen sind der größte 
Kindergartenträger. Warum sollten den Erzieherinnen in den 
kirchlichen Einrichtungen jene Segnungen vorenthalten werden, die die
Gewerkschaften für die kommunalen Kolleginnen erstritten haben? Auch 
der Arbeiterwohlfahrt, die in Ostwestfalen-Lippe 110 Kindergärten 
betreibt und einen eigenen Tarifvertrag hat, steht diese Diskussion 
noch bevor - Streikrecht inklusive.
Zweitens: Wer soll das bezahlen? Auf Städte und Gemeinden kommen 
Mehrausgaben in dreistelliger Millionenhöhe zu. Entweder muss dieses 
Geld an anderer Stelle eingespart werden - etwa bei der Kultur, bei 
der Sportförderung, beim Straßenunterhalt -, oder die 
Kindergartengebühren steigen, was politisch aber kaum durchsetzbar 
sein dürfte. NRW-Familienminister Armin Laschet (CDU) steht somit 
neuer Zwist um das umstrittene Kibiz-Gesetz ins Haus, das den Anstieg
der Landesförderung auf 1,5 Prozent pro Jahr begrenzt, obwohl die 
Kosten stärker steigen.
Drittens: Der neue Tarifvertrag bügelt nur die Sünden der 
Vergangenheit aus. Die Gretchenfrage aber, wie unsere Kinder früher 
und besser in ihrer Entwicklung gefördert werden können, bleibt 
unbeantwortet. Gerade einmal 3,6 Prozent der Kita-Beschäftigten haben
hierzulande eine akademische Ausbildung. Im Vergleich etwa mit 
Schweden oder Finnland sind wir damit Entwicklungsland, was die 
frühkindliche Pädagogik betrifft. »Wir müssen an die Qualität ran«, 
lautet denn auch Laschets Erkenntnis. Die Wirklichkeit: Die 
Übergangsfrist zur Nachschulung der Kita-Ergänzungskräfte ist in 
Nordrhein-Westfalen gerade um zwei Jahre verlängert worden - eine 
Qualitätsoffensive sieht anders aus.
Wer tatsächlich bessere Kindergärten will, der muss investieren - in 
Aus- und Fortbildung, in wissenschaftlich fundierte Konzepte, in 
wirklich angemessen entlohntes Fachpersonal. Ein paar hundert 
Millionen Euro im Jahr reichen da kaum aus.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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