BGA Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.
Sendesperrfrist 28.09.04 10.30 Uhr Börner: Die Türkei ist ein willkommener Wirtschaftspartner in der EU Beitritt aus wirtschaftlichen und politischen Gründen wünschenswert
Berlin (ots)
Der deutsche Groß- und Außenhandel befürwortet die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aus ökonomischen und politischen Gründen. Ökonomisch, weil wir von der Dynamik des Beitrittsprozesses zum gegenseitigen Nutzen überzeugt sind. Wie schon bei den vorangegangenen Erweiterungen rechnen wir mit einer beitrittsinduzierten Wachstums- und Gewinnerspirale, von der Deutschland überproportional profitiert. Schon durch die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen wird sich die wirtschaftliche Lage der Türkei verbessern, denn die bloße Beitrittsperspektive bringt einen Zugewinn an Stabilität und ein klares Plus an Vertrauen bei Investoren und an den Finanzmärkten. Die Türkei hat ihre Hausaufgaben gemacht, die eine Aufnahme von Beitrittsgesprächen rechtfertigen. Die noch offenen Punkte, die es genau festzulegen gilt, werden sich sicherlich im Beitrittsprozess erledigen lassen. Dies erklärte Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels e.V. (BGA), heute in Berlin zu möglichen EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Bei der Erfüllung der Beitrittskriterien gibt es sehr viel Licht und nur noch wenig Schatten. Die Türkei ist inzwischen eine Marktwirtschaft. Die Zentralbank ist unabhängig geworden, eine Bankenaufsicht geschaffen worden und die Hyperinflation ist eingedämmt. Durch die Assoziierung mit der EU ist ein Lerneffekt eingetreten, welcher die Qualität der türkischen Produkte, die Vertrautheit mit EU-Vorschriften und die Konkurrenzfähigkeit der türkischen Wirtschaft erheblich gesteigert hat. Aus diesem Grund erwarten wir sogar, dass sich ein Beitritt noch reibungsloser vollziehen könnte als jener der mittelosteuropäischen Länder, die schließlich erst Mitte der neunziger Jahre mit der Angleichung an den Acquis begonnen haben., so Börner weiter. Bereits heute sind die EU und die Türkei ökonomisch stark miteinander verflochten und der Konvergenzprozess schreitet stetig voran. 53 Prozent der Exporte und 49 Prozent der Importe der Türkei stammen aus der Gemeinschaft. Deutschland ist heute mit 13,2 Prozent der türkischen Importe und 17,2 Prozent der türkischen Exporte der größte Handelspartner des Landes. Und der Außenhandel wächst mit hoher Dynamik: Im ersten Halbjahr 2004 stiegen die deutschen Exporte sogar um 50 Prozent auf knapp 6 Milliarden Euro.
Börner sieht durch einen Türkei-Beitritt keine Migrationswelle auf Deutschland zukommen. Hingegen sei die Integration der türkischen Landwirtschaft nur mit einem reformierten europäischen Agrarmarkt- System denkbar.
Die Türkei ist bereits heute eine wichtige Brücke zu den Ländern des Nahen Ostens und Zentralasiens bis hin zum Iran. Zum ersten Mal könnte es gelingen, ein islamisches Land in Demokratie und Wohlstand zu führen. Wir unterstützen damit die Vorbildfunktion der Türkei für die ganze islamische Welt auf dem unabänderlichen Weg zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als Alternative zu Hoffnungslosigkeit und Radikalisierung. Hinzu kommt ein immenser Zugewinn an geostrategischer Stabilität für das 21. Jahrhundert und daraus folgend eine Stärkung der Position Europas in der Welt. Schlagen wir die Türe heute zu, fallen wir den Reformern in den Rücken und öffnen die Tür stattdessen für radikalislamische Tendenzen mit ihrer antipluralistischen und antidemokratischen Gesinnung. Ein Anker der Stabilität würde wegfallen. Die langfristigen finanziellen Folgen eines Nicht-Beitritts für den Steuerzahler lassen sich zwar nicht in Euro und Cent beziffern, sie wären mit ihren hohen Risiken aber sicherlich um ein Vielfaches höher als die erwarteten Beitrittskosten. Daher unterstützen wir die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auch aus politischen Gründen, so Börner.
Selbstverständliche Voraussetzung ist, dass die Türkei sich vorbehaltlos dem Wertesystem der EU anpassen muss, wenn es um Menschenrechte, persönliche Freiheit und Rechtsstaatlichkeit geht. Unsere Werte stehen nicht zur Diskussion. Wir begrüßen und respektieren den Wunsch der Türkei nach einer Anpassung an den europäischen Wertekanon und sehen das Land auf einem guten Weg zu diesem Ziel. Europas Werte beweisen damit eine Attraktivität, die sein Gewicht in der Welt steigern wird, erklärte der BGA-Präsident abschließend.
Berlin, 28. September 2004
ots-Originaltext: BGA Bundesverb.Dt.Groß- u. Außenhandels
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