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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Amerikas Datensammelwut Ein Heuhaufen für die Stecknadel DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON

Bielefeld (ots)

Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat sich Amerika mit dem Stück für Stück ausgebauten Überwachungsstaat weitgehend geräuschlos arrangiert. Widerstand gegen die Alleswissenwoller in Regierung und Geheimdiensten regte sich nur in homöopathischen Dosen. Selbst tiefe Eingriffe in das, was man in Deutschland reichlich unsexy das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nennt, wurden klaglos bis desinteressiert hingenommen. Das Terrortrauma nur zu erwähnen reichte schon aus, und Bevölkerung wie Medien folgten mehrheitlich der regierungsamtlich verordneten Güterabwägung: Beeinträchtigungen der Privatsphäre sind hinzunehmen, wenn so das geliebte "Homeland" vor Unheil geschützt wird. Und anders als bei Vorgänger Bush gingen viele Amerikaner davon aus, dass sich unter der Amtsführung Barack Obamas, eines ehemaligen Rechtsgelehrten aus Harvard, keine Unschuldigen in den immer dichter gewebten Überwachungsnetzen verfangen. Seit Edward Snowden der Welt die Augen dafür geöffnet hat, wie die Dinge wirklich stehen, ist der Vertrauensvorschuss für Obama dahin. In Umfragen deutet sich ein radikaler Stimmungsumschwung an. Dem Sicherheitsapparat wird mit Argwohn und Ablehnung begegnet. Im verfeindeten Kongress marschieren Republikaner und Demokraten plötzlich Hand in Hand gegen die Regierung. US-Geheimdienste saugen wie ein riesiger Staubsauger alles auf. Getreu der Direktive ihres Chefs, General Keith Alexander, wonach erst ein Heuhaufen erzeugt werden muss, um die Stecknadel darin zu suchen. So entsteht in abgeschiedenen Hochsicherheits-Server-Fabriken ein digitales Mega-Archiv menschlicher Kommunikation. Jederzeit abrufbar, um das Individuum im Verdachtsfall zu entblößen, schonungsloser als ein Körperscanner am Flughafen. Doch Amerikas Führung will ihr absurdes, weltumspannendes Kontrollprogramm nicht offen diskutieren, aus Sorge, dass die Bürger im "Land der Freien" das groteske Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag erkennen. Der Vize-Chef des Auslandsgeheimdienstes NSA hat gerade im parlamentarischen Verhör eingeräumt, dass nur in einem einzigen Fall die angewandte Spähmethodik substanziell einen möglichen Anschlag verhindert hat. Dafür wurden mit Milliardenaufwand Abermillionen Daten unbescholtener Menschen gesichert und eine Anti-Terror-Industrie gezüchtet, die den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Das Versagen der Behörden beim Anschlag auf den Boston-Marathon entlarvt die Vorratsdatenmanie. Die Täter waren lange bekannt. Ob das Rad zurückgedreht und der von den Geheimdiensten erzeugte Nebel vertrieben wird, ist ungewiss. Entscheidend wird die Lernkurve des Weißen Hauses sein. Obamas Vorbild Abraham Lincoln wüsste, was zu tun ist: "Man kann alle Menschen für kurze Zeit täuschen, man kann einige für immer täuschen, aber man kann nicht alle für immer täuschen."

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