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Mittelbayerische Zeitung

Impfzentren sind der Knackpunkt
Das Land wird der Corona-Einschränkungen müde. Die beste Exit-Strategie ist ein erfolgreiches Impfkonzept.
Leitartikel von Christine Schröpf

Regensburg / Bayern (ots)

Impfzentren nehmen im Kampf gegen Corona eine Schlüsselposition ein. Wie vertrauenswürdig in den geplanten 92 bayerischen Anlaufstellen gearbeitet wird, wie systematisch mögliche Impfstoffreaktionen und Nebenwirkungen erfasst werden, entscheidet über die Impfbereitschaft der Bürger. Damit steht und fällt, ob ein guter Impfstoff der Pandemie Schranken setzen kann. Doch die Skepsis wächst.Bayern hat bei der Organisation der Zentren sehr viel Last auf die Schultern von Städten und Gemeinden gelegt. Wie gut Gesundheitsministerin Melanie Huml eigene Bringschulden erfüllt, liegt dagegen in zentralen Punkten im Nebel. Auskünfte sind lückenhaft. Gut eine Woche vor Ablauf der Frist, die die Regierung den Kommunen für startklare Impfzentren gesetzt hat, gibt es auf zentralen Feldern mehr Fragen als Antworten.Problemfeld 1: Wie erreicht wirklich alle aus den Hochrisikogruppen das Angebot, sich als Erste freiwillig gegen Corona immunisieren zu lassen? Vergleichsweise einfach kann das bei Menschen in Altenheimen, Pflegeeinrichtungen und Behindertenzentren funktionieren. Dort sind alle Namen bekannt, es finden sich auch alle am gleichen Ort. Ähnlich ist die Lage bei systemrelevanten Berufsgruppen mit höherem Infektionsrisiko: Ärzten, Krankenschwestern, Sanitätern, Pflegern - auch Polizisten oder Feuerwehrleuten. Doch was passiert, wenn dieser fixe Personenkreis durchgeimpft ist? Wie können Menschen mit Corona-Hochrisiko in Eigeninitiative in Impfzentren anklopfen? Welche Rolle spielen Hausärzte? Wie können Nicht-Risiko-Patienten in Lücken springen, wenn Impfstoff da ist, aber gerade kein Mensch mit Impfpriorität bereitsteht?Problemfeld 2: Der bundesweite Nebenwirkungscheck. Das zügige Impfen der erhofften 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung mit einem frisch zugelassenen Impfstoff ist eine Sondersituation. Hauptsorge der Bürger sind eventuelle gravierende Nebenwirkungen, die bei der Erprobung nicht erkennbar gewesen sind. Das lässt sich nur entkräften, wenn Begleiterscheinungen bei jedem Geimpften genau dokumentiert und von Experten rasch gegengecheckt werden. Es wäre fatal, wenn sich die Debatte verselbstständigen, diffuse Ängste vor dem Impfen wachsen und am Ende die Impfzentren leer bleiben würden.Problemfeld 3: Die personelle Ausstattung der Impfzentren. Der Chamer Landrat Franz Löffler hat geschildert, wie viele Teams er bestücken muss, damit die 1000er-Impfgebinde, in denen der Biontech-Wirkstoff angeliefert wird, vor Ablauf des Verfallsdatums nach wenigen Tagen verbraucht werden können. Es geht allein bei ihm um 24 Impfteams binnen vier Tagen. Aus dem Gesundheitsministerium kommt der pauschale Hinweis, dass die Kassenärztliche Vereinigung eine lange Liste mit Ärzten bereithält, die in Impfzentren Dienst tun wollen. Doch wird es überall im Land an allen Tagen genügend Ärzte geben, die aus ihren Praxen wegbleiben können? Die Lösung dieser Aufgabe scheint ebenfalls am Ende Sache der Kommunen zu sein.Problemfeld 4: Aufwieglerische Impfgegner. Die Rede ist ausdrücklich nicht von Menschen, die genau Bescheid wissen wollen, bevor sie sich einen neuartigen Stoff injizieren lassen und nach Abwägen aller Argumente zunächst lieber erst einmal Nein sagen. Skepsis ist im Leben immer eine gute Sache. Diesem Personenkreis müssen alle Sachinformationen geliefert werden, die es für eine Entscheidung braucht. Wenig helfen wird das bei den Verschwörungstheoretikern.Zwar ist es jeden Versuch wert, auch mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Huml braucht aber eine Strategie, wie sie auf die gröbsten Unwahrheiten reagiert, damit Geschwurbel nicht in breiten Bevölkerungskreisen toxische Wirkung entfaltet.

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