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Das Geld wird das Wahljahr prägen/Wer kommt für die Kosten der Krise auf? Anhand dieser Frage bringen sich die Parteien in Stellung. Die Weichen müssen aber langfristig gestellt werden. Von Jana Wolf

Regensburg (ots)

Noch wütet die Pandemie. Und doch ist schon jetzt die Frage allgegenwärtig, wer die immensen Kosten für die Bewältigung der Krise am Ende bezahlen soll. Rund 500 Milliarden Euro umfasst der Bundeshaushalt für 2021, satte 180 Milliarden davon sollen über neue Schulden finanziert werden. Wer gleicht den ganzen "Wumms" wieder aus? In einem Land, in dem die schwarze Null zuletzt so sehr zur Haushaltsplanung gehörte wie der süße Senf zur Bratwurstsemmel, scheiden sich bei dieser Antwort die Geister. Während die SPD die "Scholz-Bazooka" unverändert lobt und beteuert, Deutschland könne sich das alles leisten, wird in der Union die Mahnung lauter, dass es sich irgendwann "ausgewummst" hätte. Selbst die Kanzlerin schlägt mittlerweile andere Töne an, wenn sie sagt, dass die Corona-Finanzhilfen "nicht bis ultimo" fortgeführt werden könnten. Und ja, es stimmt, auch die Finanzen eines stabilen, solventen Staates wie der Bundesrepublik sind nicht unerschöpflich. Dennoch: Die Kosten des Nichthandelns wären in dieser Krise viel höher. Die Verschuldung ist daher gerechtfertigt.Nun geht es in der Politik zur Zeit nicht nur um den Kampf gegen Corona. Es geht auch um den Kampf um die Wählergunst. Das Superwahljahr mit sechs Landtagswahlen und der Bundestagswahl steht vor der Tür. Natürlich dienen die Finanzplanungen dazu, die Messer zu wetzen: Die Linke schimpft, dass der Haushalt nicht sozial gerecht sei. Die Grünen sehen diesen gar als eine "Gefahr für das Klima" und die FDP fordert Entlastungen für die Wirtschaft, um Investitionen anzureizen. Dass die Opposition, die in der Pandemie deutlich weniger im Fokus steht als die Exekutive, jede Gelegenheit zum Poltern nutzt, ist wenig verwunderlich.Erstaunlicher ist dagegen, dass selbst innerhalb der Union der Ton rauer wird, wenn es ums Geld geht. CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus kritisierte die Bundeskanzlerin erfrischend deutlich für deren finanzielle Freigiebigkeit gegenüber den Bundesländern. Nun ist es durchaus gerechtfertigt, über eine angemessene Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu streiten. Schließlich hat der Bund in den vergangenen Jahren erhebliche Teile des gemeinsamen Steueraufkommens abgetreten, um die Investitionsfähigkeit in Ländern und Kommunen zu stärken. Heute nehmen Länder und Kommunen deutlich mehr Steuern ein als der Bund.Doch es wäre naiv zu glauben, dass hinter Brinkhaus' Aufbäumen allein die Sorge über Finanzlasten steckt. Dahinter verbirgt sich auch taktisches Kalkül, schließlich muss der Fraktionschef seine Truppe bei Laune halten. Keiner anderen Faktion schlägt die Abkehr vom ausgeglichenen Haushalt so sehr aufs Gemüt wie der Union. Die Rückkehr zur schwarzen Null wird viele Jahre dauern. Laut den Plänen von Finanzminister Scholz soll die Schuldentilgung ab 2023 "in Jahresschritten" erfolgen. Als hätte sie nicht schon genug Personalsorgen, muss die Union also einen Wahlkampf entgegen ihrer fiskalpolitischen Überzeugung gestalten. Das geht ihr an die Substanz.Im besten Fall zwingt der Schuldendruck die Parteien zu klarer Positionierung. Dem Wahlkampf kann das gut tun. Die Wähler wissen dann, worauf sie sich einlassen. Viel entscheidender aber ist die Frage, wie es nach dem Wahljahr weitergeht. Denn es stehen noch weitaus größere Herausforderungen bevor. Die Klimakrise wird unsere Gesellschaft noch zu massiven Veränderungen zwingen, hinzu kommen der sozial-ökologische Umbau von Wirtschaft und Infrastrukturen, die Digitalisierung, die langfristige Sicherung guter Daseinsvorsorge. Auf die kommende Regierung kommen Mammutaufgaben zu. Umso wichtiger ist es, dass die Parteien, die nach Regierungsverantwortung streben, nicht mit kurzfristigen Wahlgeschenken punkten wollen. Die Weichen müssen langfristig gestellt werden.

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