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Mittelbayerische Zeitung: Bitte versuchen Sie es noch einmal. Es gäbe einen Weg zum flächendeckenden superschnellen Netz - aber dazu müssten Politiker umdenken. Von Marianne Sperb

Regensburg (ots)

Albanien, so erfuhren wir zuletzt, hängt Deutschland ab. Das Land weist für seine Bürger zwar nur ein winziges Durchschnittseinkommen aus, das etwa ein Zehntel des deutschen Vergleichswerts beträgt, aber es kann ein relativ prächtig funktionierendes Handynetz vorzeigen - entschieden besser als Deutschland. Die Bundesrepublik verpasst gerade den Anschluss an die Digitalisierung, denn die nächste industrielle Revolution wird nicht ohne die neue und damit fünfte Generation von Mobilfunk möglich sein. 5G kommt nicht in die Gänge. Dabei gäbe es einen Weg zu einem flächendeckenden, schnelleren und auch gerechteren 5G-Netz - aber dazu müsste die Politik radikal neu ansetzen und der Staat auf Erlöse verzichten. Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica wollen die 5G-Vergaberegeln vor Gericht zu Fall bringen. Das war zuletzt die zweite schlechte Nachricht für den Standort D. Mit der Klage steht die Versteigerung der Frequenzen, geplant für das erste Quartal 2019, auf juristisch wackligen Füßen. Das Verfahren könnte sich zum Desaster entwickeln. Um den stockenden Prozess in Fluss zu bringen, könnte der Staat auf die Milliardensummen verzichten, die die Auktion einbringen soll, und im Gegenzug auf einer Garantie für die vollständige und zeitnahe Versorgung mit 5G bestehen. Die Unternehmen, die den Zuschlag bekommen, könnten - und müssten - einen Teil der gesparten Milliarden in den Ausbau der Infrastruktur investieren, und zwar flächendeckend. Denn nach wie vor gibt es im hoch industrialisierten Deutschland die Fälle, in denen Menschen den Hügel vor ihrem Haus ersteigen müssen, um eine funktionierende Handyverbindung zu bekommen. Beharrt der Staat auf der Versteigerung der Frequenzen, werden sich die Netzbetreiber auf die Versorgung von lukrativen, also dicht besiedelten Flächen konzentrieren - und Deutschland bleibt durchsetzt von Funklöchern. Das hätte nicht einfach nur für Menschen, die telefonieren wollen, Folgen, sondern zum Beispiel auch für Weltmarktführer, die nicht in Stadtzentren produzieren, sondern draußen, auf dem Land. Frankreich macht es übrigens bereits vor. Dort haben sich die Mobilfunknetzbetreiber freiwillig zu extremen Anstrengungen beim Netzausbau verpflichtet, im Tausch gegen eine maßvolle Kostengestaltung durch die Regierung. Die 5G-Frequenzen sehr sehr günstig oder gratis zu vergeben, wäre zielführender und auch gerechter als die geplante Versteigerung. Denn Frequenzen gehören zunächst einmal den Menschen, wie die Luft und das Wasser. Wenn der Staat mit der Vergabe dieses Volkseigentums kräftig Kasse macht, werden die Netzbetreiber die Rechnung selbstverständlich den Nutzern präsentieren. Höhere Kosten für Telekommunikation sind im Prinzip nichts anderes als eine weitere verdeckte Steuer, die man dem Bürger abpresst. Der hat ja keine Wahl - wie praktisch für die Steuereinnehmer. Dabei muss der Verbraucher für ein Handynetz, das schlechter als in Albanien funktioniert, bereits jetzt relativ tief in die Tasche greifen. Smarte Städte, das Internet der Dinge, autonomes Fahren oder Telemedizin brauchen superschnelle Netze und Echtzeit-Verbindungen. Welche Anwendungen das 5G-Netz ermöglichen wird, ist noch gar nicht absehbar, so wenig, wie man bei der Erfindung der Dampfmaschine oder des Verbrennungsmotors die langfristigen Konsequenzen abschätzen konnte. Hat die Politik das Potenzial von 5G überhaupt überrissen? Jüngste Äußerungen zum Beispiel von Bundeskanzlerin Angela Merkel lassen zweifeln. Vor Arbeitgebern sagte sie im November 2018, es brauche nicht sofort einen flächendeckenden Ausbau mit 5G. Ein verlässlicher 3G-Standard genüge. Und Bundesbildungsministerin Anja Karliczek meinte, 5G sei "nicht an jeder Milchkanne" notwendig. Einschätzungen dieses Kalibers waren zuletzt eine dritte schlechte Nachricht für den Standort D.

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