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Mittelbayerische Zeitung: Die Bauern brauchen Hilfe Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Als das globale Finanzsystem vor zehn Jahren wegen windiger Immobiliengeschäfte mehrerer Geldhäuser ins Schleudern kam, da wurden Banken kurzerhand für systemrelevant erklärt und der Staat schnürte milliardenschwere Hilfspakete, deren Folgen bis heute nachwirken. Wenn vielen Landwirten, vor allem im Norden und Osten Deutschlands, die Ernte wegen der Gluthitze auf den Feldern verdorrt, Ernteausfälle in Milliardenhöhe zu beklagen sind, dann hat es die Politik nicht so eilig, denen angemessene Unterstützung in der Not zu gewähren, die für unser täglich Brot sorgen. Dabei sind auch die Landwirte systemrelevant. Zwar ist der Anteil der bäuerlichen Produktion am Bruttoinlandsprodukt vergleichsweise gering, doch ohne die auf Feldern und in Ställen erzeugten Nahrungsmittel kann die Gesellschaft nicht existieren. Solch schlichte Botschaften werden allerdings von einigen Politikern und Medienleuten ignoriert, die für die jetzige Notsituation die Landwirte verantwortlich machen und ihnen Schlagworte wie "industrielle Landwirtschaft" oder "Massentierhaltung" entgegenschleudern. Noch zynischer äußerte sich ein Kommentator, der erklärte, etwas teurere Pommes seien doch noch keine Katastrophe. In den vergangenen Jahren haben offenbar nicht nur atemberaubende Veränderungen in der Landwirtschaft stattgefunden, über die man durchaus streiten kann, sondern es fand auch eine Entfremdung zwischen Landwirten und Konsumenten statt. Bei manchem Kritiker herrscht das idyllische Bild vom Bauernhof mit Kuh und Schwein und gackernden Hühnern vor, das man aus Kinderbüchern kennt. Aber dies hat nur noch sehr wenig mit einer modernen, effizienten Produktion zu tun. Die Landwirte haben in den vergangenen Jahren investiert, modernisiert, digitalisiert, weil der Markt - genauer die mächtigen Handelskonzerne - es von ihnen forderte. Zehntausende Bauern haben zudem ihre Höfe aufgegeben. Die einstige Weinkönigin von der Nahe und heutige Bundeslandwirtschaftsministerin, Julia Klöckner, zeigt zwar Mitgefühl mit der Lage der von Dürre betroffenen Landwirte, ansonsten aber verschanzt sie sich noch hinter staubtrockenen Regularien. Aber man muss nicht erst die amtliche Erntestatistik abwarten, um die Dramatik der Lage zu erkennen. Nach drei Monaten ohne nennenswerten Regen und wochenlanger Extrem-Hitze brennt bei vielen Landwirten die Luft. Es geht um ihre Existenz. Viele der kleinen und mittleren Betriebe haben sich von den Krisen der letzten Jahre, etwa bei Milch oder Schweinen, noch nicht erholen können, da schlägt das Wetter erbarmungslos zu. Die notleidenden Betriebe benötigen jetzt keine theoretischen Exkurse, ob staatliche Hilfen überhaupt möglich seien, sondern sie brauchen angemessene, unbürokratische Unterstützung, damit sie die jetzige Notsituation überstehen können. Von den Ländern, aber auch vom Bund. Abwarten jedoch wäre verantwortungslos. Auf einem anderen Blatt freilich steht, dass sich die Landwirtschaft auf solche Extreme vorbereiten muss, wie wir sie zurzeit haben und infolge des Klimawandels vermehrt haben werden. Extremer Dürre, aber auch enormen Niederschlägen, gilt es, mit einem ganzen Strauß an Maßnahmen vorzubeugen. Neue, widerstandsfähigere Pflanzenzüchtungen zählen ebenso dazu wie der Ausbau von Be- und Entwässerungssystemen, veränderter Fruchtfolgen, die Abkehr von riesigen Monokulturen, weniger Dünger und Pflanzenschutzmittel. Das große Thema lautet: Nachhaltigkeit unter sich wandelnden Klimabedingungen. All das liegt im ureignen Interesse der Landwirte selbst, genauso wie im Interesse von uns Konsumenten. Die jetzige Dürre erhöht den Druck für Veränderungen.

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