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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Wiederwahl von Wladimir Putin. Autor: Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Als Wladimir Putin Anfang März die neuen "unbesiegbaren Atomwaffen" Russlands präsentierte, wurde auf der Computeranimation der US-Staat Florida ausgelöscht. Durch ein atomares Inferno, das neueste russische Interkontinentalraketen vom Typ Sarmat auslösen könnten, die in der Nato knapp als Satan-Raketen bezeichnet werden. Das Groteske an der Szenerie war, dass unter den jubelnden Zuschauern Putins auch russische Banker saßen, die im US-Sonnenstaat an der Ostküste Immobilien besitzen. Der Irrsinn, mit dem der alte und neue Kremlchef ein Aufrüstungsprogramm vorantreibt, kennt offenbar keine Grenzen. Dabei ist Putins und Russlands vorgebliche Stärke in Wirklichkeit eine Schwäche. Moskau will wieder auf Augenhöhe mit Washington gelangen. Der Kremlchef antwortet auf eine ebenso wahnwitzige nukleare Aufrüstungsstrategie, wie sie US-Präsident Donald Trump ins Werk setzen will. Allerdings sind Moskaus finanzielle Ressourcen für ein neues Wettrüsten, wie man es sich nach dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr vorstellen konnte, wesentlich begrenzter als die Washingtons. Der am Sonntag gestärkt aus der Präsidentschaftswahl hervorgegangene Putin dürfte nun noch mehr Veranlassung verspüren, auf Druck des Westens, vor allem der USA, mit der militärischen Keule und mit Gegendruck auf allen Ebenen zu antworten. Die überrannte Krim, das Zündeln in der Ostukraine oder die Intervention in Syrien geben mehr als nur einen Vorgeschmack darauf, was Putin unter der "neuen Rolle" Russlands versteht. Es steht zu befürchten, dass die politischen Beziehungen des Westens zum wiedererwachten russischen Riesenreich auch in den nächsten Jahren angespannt bleiben. Allerdings sind immer schlechtere Beziehungen zu Moskau kein Naturgesetz. Politik wird auch in diesem Fall von Menschen gemacht, die ihren jeweiligen, vor allem nationalen, Interessen folgen. Für den Westen bedeutet das, er sollte jetzt mit Stärke, aber auch mit Dialogbereitschaft auf den neuen, alten Putin reagieren. Stärke bedeutet, sich erstens nicht von Putins Säbelrasseln verrückt machen zu lassen. Zweitens allerdings auch, nicht den Anschein zu erwecken, man könne sich von Moskau militärisch erpressen lassen. Solange die russische Außenpolitik auf dem derzeitigen Konfrontationskurs bleibt, müssen Sanktionen gegen Moskaus korrupte Machtelite aufrecht erhalten werden. Wichtig ist auch, dass sich EU und Nato besser gegen Hacker- und Desinformationsangriffe aus russischen Quellen schützen. Dass man auf den "harten Hund", den eiskalten Taktiker Putin ebenso hart antwortet, ist die eine Seite der Medaille. Die zweite heißt: reden, verhandeln, alle Kanäle nutzen. Auch wenn das abgedroschen und alles andere als spektakulär klingen mag. Merkel, Macron & Co. müssen immer und immer wieder das Gespräch mit Putin suchen. Einen anderen Präsidenten hat Russland für die nächsten sechs Jahre nicht. Die einstigen Supermächte im Kalten Krieg, USA und Sowjetunion, haben jahrelang verhandelt, ehe die ersten Verträge über Rüstungskontrolle und schließlich nukleare Abrüstung zustande kamen. Was damals richtig war, kann heute nicht falsch sein. Es sei denn, man nimmt sehenden Auges die verhängnisvolle Entwicklung eines neuen atomaren Wettrüstens in Kauf. Die Wiederwahl von Putin für weitere sechs Jahre als Kremlchef war beileibe keine Überraschung nach dem jahrelangen medialen Propagandafeuerwerk zugunsten von "Zar Putin" sowie der Niederhaltung von Oppositionellen auf der anderen Seite. Auch, dass ihn viele seiner Landsleute für seinen Kurs zurück zu alter Größe Russlands feiern, war es nicht. Wer jetzt mit Russland erfolgversprechend reden und verhandeln will, sollte den von Putin meisterhaft geschürten Nationalstolz in Rechnung stellen.

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