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Mittelbayerische Zeitung: Merkel allmächtig - Gabriels SPD dominiert die Agenda der Koalition. Dennoch macht sie gegen die Kanzlerin keinen Boden gut. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Die Welt ist ungerecht: Die SPD schufte im Maschinenraum, während es sich die anderen auf dem Sonnendeck bequem machten. So einst der Stoßseufzer von Olaf Scholz, seinerzeit Arbeitsminister in einer großen Koalition und heute Regierungschef in Hamburg, mit guten Chancen, wiedergewählt zu werden. Der Parteivorsitzende hieß damals Kurt Beck, einst Langzeit-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, der schließlich über die Nürburgring-Affäre strauchelte. Anderthalb Wahlperioden später hat sich an dem Befund nichts wesentliches geändert. Die SPD bestimmt die Agenda der zweiten Groko, natürlich immer noch unter Kanzlerin Angela Merkel. Der Mindestlohn von 8,50 Euro wurde durchgesetzt, die Rente mit 63 bei 45 Versicherungsjahren ebenfalls. Auch ein neues Staatsbürgerschaftsrecht, eine Mietpreisbremse und eine Frauenquote für Aufsichtsräte großer Unternehmen haben die emsigen Sozialdemokraten auf den Weg gebracht. Dennoch stünden Aufwand und Ertrag bei den Wählern in keinem Verhältnis, klagen die SPD-Strategen. Gegen die schier übermächtige Kanzlerin und unbestrittene Nr. 1 der Unionsparteien, Angela Merkel, können Gabriel, Nahles, Schwesig und Co. keinen Zentimeter Boden gut machen. Sie verharren im 25-Prozent-Ghetto der Meinungsumfragen. Und wer sich fragt, warum das so ist, der muss nur auf die Spitzennachrichten schauen. Die mächtigste Frau der Welt, Angela Merkel, auf allen Kanälen. Sie düst zwischen Kiew, Moskau, Washington und - demnächst Minsk - hin und her und wirft ihr ganzes politisches Gewicht als Krisenmanagerin in die Waagschale. Der Außenminister von der SPD, der in Krisendingen versierte und erfahrene Frank-Walter Steinmeier, steht wie selbstverständlich im Schatten der großen Diplomatie-Kanzlerin. Das Problem der im 25-Prozent-Umfragetief eingemauerten SPD ist einerseits die Kanzlerin. Merkel vermag es, anders als der bisweilen sprunghafte Sigmar Gabriel, den Wählern Sicherheit und Solidität des Regierens zu vermitteln. Andererseits weiß man bei den Sozialdemokraten niemals so genau, woran man ist. In Berlin eifriger Juniorpartner der Union, in Stuttgart der Grünen. In Erfurt dagegen Steigbügelhalter eines Ministerpräsidenten der Linken. Die SPD ist überall und nirgends: Ein wenig Anti-Hartz-IV, ein wenig Eindämmung der Streiks von Mini-Gewerkschaften. Außenpolitisch gibt sie sich Bündnis- und Europa-treu, aber auch ein wenig den Tsipras- oder gar Putin-Versteher. Mal ist sie für Rüstungsexporte, der Jobs wegen, mal dagegen. SPD-Chef Gabriel hat es vermocht, den Laden nach dem Wahldesaster 2009 und nach dem gleichfalls nicht berauschenden Ergebnis 2013 zusammenzuhalten. Er hat für Ruhe, nur noch mäßiges Flügelschlagen und staatstragendes Mitregieren in Berlin gesorgt. Das ist schon eine Menge. Doch das künftige Projekt SPD hat er nicht formulieren können. Eine Partei der Unentschlossenheit jedoch, die offen lässt, wohin sie will und mit wem, wird nicht den nächsten Kanzler stellen. Da mag sich Gabriel als Energiewendeminister abrackern, wie er will. Dass die Sozialdemokraten in dieser Situation die Generation der doppelt und dreifach gestressten Familien mittleren Alters für sich entdeckt, hat auch mit Ratlosigkeit zu tun. Klar müssen jene entlastet werden, die sich in der "Rushhour" des Lebens um Kinder, Job und zu betreuende Angehörige kümmern müssen. Doch genau denen wurden zuvor just mit der Rente mit 63 sowie der Unions-Mütterrente zusätzliche Lasten aufgebürdet.

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