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Mittelbayerische Zeitung: Ein schönes Theater - Der neue Vertrag von Bundestrainer Joachim Löw bis 2016 ist ein wertloses Blatt Papier. Von Jürgen Scharf

Regensburg (ots)

Ach, war das ein schönes Theaterstück. Wolfgang Niersbach, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, und sein Trainer Joachim Löw nahmen am Freitag gemeinsam auf einem Podium Platz. Dort ließen sie die Katze aus dem Sack: Wir arbeiten weiter zusammen, über die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 hinaus, bis zur Europameisterschaft 2016. Applaus, Vorhang fällt! Nun ja, hinter den Kulissen sieht die Sache wohl ganz anders aus. Es gebe für beide Seiten Ausstiegsklauseln, wird gemunkelt. Und die Chancen für einen Abschied von Löw nach der WM 2014 stehen derzeit in der Tat weitaus höher als für seinen Verbleib - egal, wie Deutschland im kommenden Jahr in Brasilien abschneidet. Seit 2006 ist Löw Bundestrainer. Zuvor war er bereits zwei Jahre Assistent von Jürgen Klinsmann. Löw geht in sein zehntes Jahr beim DFB - für Fußball-Verhältnisse eine Ewigkeit. Und die bisherigen neun waren beileibe nicht schlecht. Gemeinsam mit Klinsmann hat Löw ab 2004 die Nationalmannschaft runderneuert. Wo viele Jahre schlichter Ergebnisfußball praktiziert wurde, hieß es nun: Attacke, nach vorne, und schön aussehen soll es bitte auch. Der gepflegte Kombinationsfußball mit Zug zum Tor, das ist Löws Ding. Zur Umsetzung seiner Vision hat er spätestens seit der WM 2010 auch die notwendigen Spieler. Das Glück hilft bekanntlich dem Tüchtigen, und so schickte der Fußball-Gott Löw Ausnahmekönner wie Mesut Özil, Marco Reus, Thomas Müller oder Mario Götze vorbei. Mit diesen Edeltechnikern und Spurtwundern konnte er sich seine Wunschmannschaft basteln. Ein Team, das vorne immer für ein Tor gut ist - hinten aber leider auch. Abwehr gewinnt Titel, so heißt es im Fußball. Dies wird Löw vorgeworfen. Wenn es bei Turnieren ans Eingemachte geht, seien seine Verteidiger zu schlecht vorbereitet und auch der Bundestrainer selbst zu zaghaft, meinen Kritiker. Deswegen habe es noch zu keinem Pokal gereicht. Da mag etwas dran sein. Noch viel mehr dran ist aber an der weltweiten Anerkennung, die Löw mit seiner Mannschaft seit Jahren einheimst. Ehrfürchtig wird da von der zauberhaften Multi-Kulti-Truppe der Deutschen gesprochen, die den Ball laufen lässt wie Südamerikaner. Und Löws größte Niederlagen haben sein Team im Ausland sogar noch sympathischer werden lassen. Früher spielten die Deutschen teilweise schlimm und kamen dennoch ins Finale. Heute spielen sie wunderbar und scheiden dennoch im Halbfinale aus, das kommt in anderen Ländern gut an. Kurzum: Wer nicht an das angebliche Urrecht der deutschen Nationalmannschaft, mindestens alle vier bis acht Jahre eine Trophäe nach Hause schleppen zu dürfen, glaubt, der kann vor Löws Arbeit nichts anderes als den Hut ziehen. Seine Fans werden sich aber damit abfinden müssen, wenn dieser seinen eigenen Hut im kommenden Sommer nimmt und geht. Allerhöchstens eine herzzerreißende Niederlage im Elfmeterschießen des WM-Finales dürfte Löw von den Titel-Forderern verziehen werden. Würde er etwa wieder im Halbfinale scheitern, hätte er seinen Stempel als Verlierer endgültig weg. Und was wäre eigentlich im nicht ganz so unwahrscheinlichen Fall des Titelgewinns? Löw wäre dann ebenfalls gut beraten, abzutreten: auf dem Gipfel! So oder so - einzig um monatelange Trainerdiskussionen zu vermeiden, hat der DFB am Freitag ein schönes Schriftstück präsentiert. Dieses ist aber nicht mal den Papierpreis wert. Alles wird von Toren, Tränen oder einem Titel im kommenden Jahr abhängen. Und übrigens: Ganz so trist wie in den vergangenen Jahren schaut es beim Nachfolger-Casting gar nicht mehr aus. Jupp Heynckes dürfte seine Batterien kommendes Jahr auf jeden Fall wieder aufgeladen haben.

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