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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Christine Schröpf zu CSU-Gehaltsaffäre

Regensburg (ots)

Das Schlimmste an der CSU-Gehaltsaffäre ist, dass sie den Ruf der Politik insgesamt ramponiert. Das ist gefährlich. Parlamente sind die Herzkammern der Demokratie. So ist von Regierung und Opposition in Bayern jetzt hohes Verantwortungsbewusstsein gefragt. Nicht Wahlkampfattacken oder Krisenmanagement sind Gebot der Stunde. Priorität muss nun haben, dass es noch in dieser Legislatur eindeutige Vorgaben für Jobs im Wahlkreis gibt. Auch neue Regeln für Nebentätigkeiten dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Wer dafür ausgeklügelte Konzepte vorlegt, beweist am besten, das er das Zeug zum Regieren hat. Die CSU ist in der Pflicht, rigoros aufzuräumen. Nur so hat sie den Hauch einer Chance, den Amigo-Verdacht abzustreifen. Der neuen Fraktionschefin Christa Stewens bleibt keine Schonzeit. An ihrem Aufklärungswillen besteht allerdings kein Zweifel. Bei einigen der 17 CSU-Abgeordneten, die Ehegatten und Kinder für Arbeit im Wahlkreis teils üppig entlohnten, sieht es schon anders aus. Mancher legt offen die Zahlen auf den Tisch, andere spielen offensichtlich auf Zeit oder rechnen sich den eigenen Fall schön, in dem sie nur Nettobeträge statt der höheren Bruttolöhne nennen. Dabei müssen nun binnen kürzester Zeit alle Fakten auf den Tisch - und zwar so sortiert, dass sie auf einen Blick vergleichbar sind. Dann ist klar, wer im großen Stil abgesahnt hat - wie Ex-Fraktionschef Georg Schmid, der an die Firma seiner Frau aus der Staatskasse 5500 Euro netto überwies - und wer enge Angehörige "nur" mit Minijobs versorgte. Wer sich erhofft, dass Wähler nicht alle 17 CSU-Politiker über einen Kamm scheren, darf nichts verheimlichen. Für die CSU wird das höchst unangenehm. Die Partei steht nun unter Amigo-Generalverdacht. Das Dunkelfeld ist offenbar längst nicht aufgeklärt. Laut Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" schwappt die Affäre vom Landtag in den Bundestag. Die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär soll ihren Lebensgefährten bis kurz vor der Hochzeit beschäftigt haben. Auch die Freundin ihres Vaters wurde laut Spiegel versorgt. Das ist beides legal, doch es verstärkt den fatalen Eindruck, das Vetternwirtschaft in der CSU die Regel ist. Die Opposition spricht vom Amigo-System. Tatsächlich hat keine andere Partei im Landtag die Altfallregel für Angehörige ersten Grades aus dem Jahr 2000 so sehr überdehnt. Doch auch die SPD gibt zu, dass Abgeordnete aus ihren Reihen das Legislaturende 2003 als naheliegendsten Termin für Kündigungen im Familienkreis verstreichen ließen. Gschlamperte Verhältnisse fanden 2008 auch wegen schlechter Wahlresultate ein zwangsläufiges Ende. Wohl nicht in jedem Fall war ein Umdenken im Spiel. Wenn die CSU deswegen im Zorn von scheinheiligen Debatten spricht, ist es aber ein riskantes Unterfangen. Für SPD und Grüne mag es peinlich sein, wenn öffentlich wird, dass auch sie bis 2008 die Altfallregel nutzten. Für die CSU aber wird es voraussichtlich peinlicher. Vor fünf Jahren verfügte die Partei noch über eine absolute Mehrheit. Nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit hat die CSU bei tieferer Recherche weit größere unerwünschte Offenbarungen zu erwarten. Es wäre allerdings gut, wenn auch diese Fakten rasch vorgelegt werden. Die Wahrheit ist allemal besser, als Verdächtigungen und Spekulationen, die ins Monströse wachsen.

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