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Mittelbayerische Zeitung: Merkels kühle Leidenschaft

Regensburg (ots)

Glühende Reden mit dick aufgetragenem Pathos sind die Sache von Angela Merkel nicht. Wo andere Kanzler, etwa der vom Mantel der Geschichte gestreifte Helmut Kohl, eine politische Vision des geeinten Europas samt Gemeinschaftswährung an die Wand malten, bleibt die deutsche Kanzlerin erfrischend nüchtern. Die Ostdeutsche entwickelt zu Europa die kühle Leidenschaft des Pragmatischen. Und das ist angesichts der Unwägbarkeiten bei der Euro-Stabilisierung, der Griechenland-Hilfen und der Besänftigung der Finanzmärkte auch gut so. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel. Der Berliner Kanzlerin wurden zuletzt immer wieder Führungsschwäche, Zaudern und Nichtstun vorgeworfen. Nach dem jüngsten Gipfel von Brüssel ist das so nicht mehr aufrecht zu halten. Das Rettungspaket für Athen trägt unverkennbar die Handschrift der Deutschen. Sie hat in Brüssel für das notleidende Hellas einen Rettungs-Mix von Staaten, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank sowie privaten Gläubigern durchgesetzt, das vor Tagen noch unmöglich erschien. Mit ihrem kühl-rationalen Ansatz, die Dinge an der Wurzel zu packen, hat "Madam Merkel" die Herrenriege, der Sarkozy, Trichet und Co. zum Einlenken bewegt. Charmant und mit Druck, mit Argumenten und Finesse. Hut ab vor dieser Arbeit. Zwar sind damit Griechenlands Probleme noch längst nicht gelöst, doch es sind zumindest Perspektiven für das hoch verschuldete und vor allem äußerst wettbewerbsschwache Land vorgezeichnet. Ob die europäische Rosskur auch fruchten wird, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Entscheidend ist dabei auch, dass Griechenland nicht zu Tode gespart wird, sondern dass Wachstumskräfte mobilisiert werden. In dieser Hinsicht jedoch sind die Brüsseler Hilfen noch zu schwach auf der Brust. Mit dem Brüsseler Erfolg verabschiedet sich die Kanzlerin nach einem turbulenten Jahr in die Ferien. Energiewende und Atomausstieg, Bundeswehrreform und Steuersenkungserwartung haben den Ruf von Schwarz-Gelb nicht verbessern können. Die Koalition hängt durch. Doch mit Merkels Leidenschaft ist weiter zu rechnen.

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