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Mittelbayerische Zeitung: Die atlantische Brücke hat Risse bekommen Leitartikel zu Merkels Besuch bei Obama

Regensburg (ots)

Kanzlerin Angela Merkel wird von US-Präsident Barack Obama bei ihrem USA-Besuch auf Händen getragen. So scheint es zumindest: Im Vorfeld bezeichnete er die Kanzlerin als "Inspiration". In Washington wurde Merkel mit militärischen Ehren begrüßt. Am Abend erhielt sie mit der Friedensmedaille die höchste zivile Auszeichnung der USA. Eine sehr subtile Art der Konfliktbewältigung. Denn zwischen Obama und Merkel knirscht es gewaltig. So harmonisch der USA-Besuch Merkels auch anmutet: Das deutsch-amerikanische Verhältnis ist empfindlich gestört. Das Verwöhnprogramm von Obama dient dazu, den Erwartungsdruck zu erhöhen: Merkel soll die Risse in der atlantischen Brücke kitten. Verantwortlich für den tiefsten Riss ist der deutsche "Sonderweg" in der Libyen-Frage , der nicht nur bei den USA für Irritationen gesorgt hat. Die Bundesregierung und allen voran Außenminister Guido Westerwelle haben mit der Enthaltung bei der Abstimmung über die Libyen-Resolution innenpolitisches Machtkalkül zur Entscheidungsgrundlage gemacht. Das ist reiner Populismus, der mit verantwortlicher Außenpolitik nichts zu tun hat. Dieses Verhalten steht darüber hinaus im krassen Gegensatz dazu, was Westerwelle seit Beginn des "arabischen Frühlings" gebetsmühlenartig wiederholt: diese Freiheitsbewegung mit aller Kraft unterstützen zu wollen. Indem man sich dann verdrückt, wenn es ans Eingemachte geht? Deutschland hat sich von den USA und europäischen Partnern wie Großbritannien und Frankreich abgewendet. Merkel, die vorgibt, sich hinsichtlich ihres Politikverständnisses viel von Konrad Adenauer abgeschaut zu haben, hätte auch hier einen Blick auf dessen Vermächtnis werfen sollen: Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist Deutschland mit der Befolgung eines der wichtigsten Prinzipien deutscher Außenpolitik immer gut gefahren: Mit der Westbindung, der Partnerschaft mit den USA, aber auch durch das Bemühen, sich in der EU auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Eine einheitliche europäische Linie würde sich Obama auch in der Schuldenkrise wünschen, die er für die schleppende heimische Konjunktur mitverantwortlich macht - ein weiterer Riss in der atlantischen Brücke. Deutschland komme als führender europäischer Wirtschaftsmacht dabei eine "zentrale Führungsrolle" zu, unkontrollierte Staatspleiten von Ländern wie Griechenland, Portugal oder Irland abzuwenden. Als echte Krisenmanagerin hat sich Merkel jedoch nicht hervorgetan. Im Gegenteil: Sie taktierte - wie bei der Libyen-Frage - mit Blick auf die Wählerschaft, die ihr Verhalten bei der nächsten Wahl eventuell abstrafen könnte. Bundeskanzlerin Merkel muss die Risse in der atlantischen Brücke kitten und wieder verlässliche Politik betreiben - nicht nur für die USA, sondern auch für Europa. Die "deutsche Unberechenbarkeit" schadet nicht nur der Beziehung zwischen Merkel und Obama. Es geht um viel mehr: Nur in einer starken EU und mithilfe einer stabilen Beziehung zu den USA können sich Deutschland und Europa in einem internationalen System, in dem Länder wie China und Indien immer wichtigere Player werden, in Zukunft behaupten. Heute dient Merkels Politik allein dem eigenen Machterhalt. Führt sie diese Politik der Alleingänge fort, wird Deutschland im internationalen Spiel der Mächte bald noch weniger zu sagen haben.

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