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WAZ: Die SPD muss sich neu erfinden - Gabriel verdient eine Chance - Leitartikel von Miguel Sanches

Essen (ots)

Wer Radau mag, kam auf dem SPD-Parteitag nicht auf
seine Kosten. Die Genossen sind in Dresden ruhig, sachlich und fair 
miteinander umgegangen. Das ist ein Zeichen von Reife und nicht 
zuletzt Verdienst von SPD-Chef Franz Müntefering. In seiner 
Abschiedsrede nahm er sich zurück. Das war stilbildend.
Groß ist die Ratlosigkeit. Deshalb war die fulminante Rede des 
neuen Vorsitzenden Sigmar Gabriel die richtige Trotzreaktion zur 
rechten Zeit. Dennoch: Wie konnte es so weit kommen? Für eine Partei 
der sozialen Gerechtigkeit hat die SPD in ihrer Regierungszeit 
furchtbar viele Stoppschilder überfahren. Die Niederlage war nicht 
zufällig - sie war verdient! Die SPD ist heute eine Partei der 
zweiten Wahl. Wer Steuersenkungen will, war bei der FDP besser dran. 
Wer Ökologie großschreibt, fand in den Grünen eine Adresse. 
Randgruppen wurden von den Linken angesprochen. Wer für Mer- kel war,
wusste eh, dass sein Kreuzchen zur CDU musste. Kurz: Die SPD hat kein
Alleinstellungsmerkmal und Solidarität (Kurt Beck lässt grüßen) nicht
mal vorgelebt.
Die Konsequenz: Die SPD muss sich darauf besinnen, wieder die 
Schutzmacht der kleinen Leute zu werden und auf die Menschen zugehen.
In der Kommunalpolitik gelingt es am ehesten. Dort anzusetzen ist 
richtig. Dort kann sie auch am schnellsten Glaubwürdigkeit 
zurückgewinnen.
Allein, die Niederlagen vieler sozialdemokratischer Parteien in 
Europa lassen auf Tiefenströme schließen, die generell der SPD 
zuwiderlaufen. Entpolitisierung und Entsolidarisierung der 
Gesellschaft machen zu schaffen. Gleichzeitig - das ist paradox - hat
sich die Sozialdemokratie tot gesiegt. In West-Europa sind viele 
andere Parteien längst Variationen der Sozialdemokratie. Das Original
muss sich also neu erfinden.
Das ist die vielschichtige Aufgabe, die auf SPD-Chef Sigmar 
Gabriel wartet. Er stand bisher nicht im Verdacht, ein Vordenker zu 
sein, ist eher ein Instinktpolitiker. Er hat aber eine geniale Gabe, 
die ihm helfen wird: Er kann Politik auf die Alltagserfahrungen der 
normalen Leute runterbrechen, ihnen aufs Maul schauen. Die Ansprache 
stimmt. Das allein spricht schon für ihn. Wahr ist aber auch, dass 
ein Sensibelchen (Gabriel), ein Suchender (Steinmeier) und eine 
Krawallfrau (Nahles) erst zueinander finden müssen. Sie sind kein 
Traumteam, sondern eine Schicksalsgemeinschaft. Aber zur List des 
Schicksals gehört es, dass jede Zeit ihre Führungsleute hervorbringt.
Gabriel verdient eine Chance.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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