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EKD - Evangelische Kirche in Deutschland

"Rechte von Zuwanderern stärken" - Gemeinsame Stellungnahme zur Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes

Hannover (ots)

Die evangelische und die katholische Kirche
bedauern, dass ihre Forderungen bei der Evaluierung des 
Zuwanderungsgesetzes weitgehend unberücksichtigt geblieben sind. Der 
heute vom Bundesinnenministerium vorgelegte Bericht sehe 
beispielsweise weiterhin vor, den so genannten Ehegattennachzug vom 
Erreichen eines Mindestalters von 21 Jahren und vom Nachweis 
deutscher Sprachkenntnisse vor der Einreise abhängig zu machen, 
kritisieren der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der 
Europäischen Union, Prälat Stephan Reimers, und der Leiter des 
Kommissariates der deutschen Bischöfe, Prälat Karl Jüsten. Diese 
Maßnahmen lehnen die Kirchen als unverhältnismäßig ab. "Um Opfern von
Zwangsverheiratungen Schutz zu bieten, sollten vielmehr deren 
eigenständige Wiederkehr- und Aufenthaltsrechte gestärkt werden", so 
Jüsten und Reimers in ihrer gemeinsamen Stellungnahme.
Besonders kritikwürdig sei auch der Umstand, dass sich die 
Situation von Menschen mit so genannten Kettenduldungen nicht 
verbessern werde. Die Pläne des Bundesinnenministeriums zielten auf 
eine Vereinheitlichung der restriktiven Auslegung von Regelungen, die
ursprünglich in das Zuwanderungsgesetz aufgenommen worden waren, um 
die Zahl der von Kettenduldungen Betroffenen zu verringern, bemängeln
Reimers und Jüsten. Sie plädieren für eine Aufenthaltserlaubnis, die 
auch eine Arbeitserlaubnis vorsieht.
Die Erklärung im Wortlaut:
Erklärung des Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche 
in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der 
Europäischen Union, Prälat Stephan Reimers, und des Leiters des 
Kommissariates der deutschen Bischöfe, Prälat Karl Jüsten, zum 
Evaluierungsbericht des Bundesministeriums des Innern
Den heute vom Bundesministerium des Innern vorgelegten 
umfangreichen Bericht zur Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes haben 
die Kirchen mit Spannung erwartet. Entsprechend den in der 
Koalitionsvereinbarung getroffenen Beschlüssen haben sie damit auch 
die Hoffnung verbunden, dass das Zuwanderungsgesetz zugunsten der 
betroffenen Ausländer verbessert würde.
Wir begrüßen es, dass der Bericht die Notwendigkeit betont, 
Integrationsangebote verstärkt auch schon länger in Deutschland 
ansässigen Migranten zugänglich zu machen. Dies entspricht der 
Forderung nach einem Ausbau der so genannten "nachholenden" 
Integration, die auch von den Kirchen immer wieder vorgebracht worden
ist Dieser Bericht ist allerdings ebenso wie die gesellschaftliche 
und politische Diskussion um Integration leider an vielen Stellen von
Misstrauen und der Forderung nach Sanktionen geprägt. Eine 
erfolgreiche Integration bedarf indes eines gesellschaftlichen 
Klimas, das Zuwanderung und Integration als Chance für unser Land 
ebenso wie für die Zuwanderer begreift.
Unserer ersten Einschätzung nach sind die Forderungen der Kirchen 
in einigen zentralen Bereichen weitgehend unberücksichtigt geblieben.
Wie bereits der Referentenentwurf des Bundesministeriums des 
Innern zur Umsetzung europäischer Richtlinien sieht auch der 
Evaluierungsbericht vor, den Ehegattennachzug vom Erreichen eines 
Mindestalters und vom vorherigen Nachweis deutscher Sprachkenntnisse 
abhängig zu machen. Damit sollen Zwangsverheiratungen verhindert 
werden. Die Kirchen, denen der Schutz der Familieneinheit auch von 
Migranten ein besonderes Anliegen ist, zweifeln an der Eignung dieser
Maßnahmen und lehnen sie als unverhältnismäßig ab. Um Opfern von 
Zwangsverheiratungen Schutz und Hilfe zu bieten, sollten vielmehr 
deren eigenständige Wiederkehr- und Aufenthaltsrechte gestärkt 
werden. Gerade das eigenständige Aufenthaltsrecht vermittelt 
zwangsverheirateten Frauen die Möglichkeit, nach zwei Jahren Ehe 
unabhängig von ihren Ehepartnern in Deutschland bleiben zu können. 
Diese Zeitspanne soll laut Bericht nun von zwei auf drei Jahre 
angehoben werden. Kritisch betrachten wir auch die geplante 
Einführung eines Rechtes von Behörden, Vaterschaftsanerkennungen 
anzufechten.
Generell stimmt es uns besorgt, dass der Bericht, gerade auch in 
seinen Ausführungen zum Familiennachzug, ein Misstrauen gegenüber den
betroffenen Menschen erkennen lässt. So werden vorgeschlagene 
Beschränkungen des Schutzes von Ehe und Familie wiederholt damit 
begründet, dass die bisher geltenden günstigeren Regelungen zum 
Missbrauch einladen. Belege für solch missbräuchliche Inanspruchnahme
fehlen jedoch weitgehend.
Besonders zu kritisieren ist der Umstand, dass sich auch die 
Situation von Menschen mit so genannten Kettenduldungen nach den 
Vorschlägen des Berichts nicht verbessern wird. Die Regelungen, die 
in das Zuwanderungsgesetz aufgenommen wurden, um die Zahl der von 
einer Kettenduldung Betroffenen zu verringern, werden in den 
Bundesländern unterschiedlich ausgelegt. Dies hat zur Folge, dass 
Ausländer in Schleswig-Holstein oder Rheinland-Pfalz größere Chancen 
auf eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung haben als in Ländern wie
Hessen oder Baden-Württemberg. Die Pläne des Bundesinnenministeriums 
zielen nun auf eine Vereinheitlichung der restriktiven Auslegung 
dieser Bestimmungen ab. Wir fordern dagegen mit Nachdruck eine 
großzügige Auslegung dieser Regelungen sowie eine umfassende 
Bleiberechtsregelung für Menschen, die schon seit vielen Jahren in 
Deutschland leben und zum Teil große Integrationsleistungen erbracht 
haben. Die ursprüngliche Intention des Zuwanderungsgesetzes, den mehr
als 192.000 Betroffenen gesicherte Aufenthaltstitel zu gewähren, muss
umgesetzt werden.
Insofern begrüßen wir ausdrücklich die am Wochenende geäußerte 
Absicht des Bundesinnenministers, eine Bleiberechtsregelung zu 
unterstützen. Allerdings kommt es maßgeblich auf die konkrete 
Ausgestaltung dieser Regelung an. Eine besondere Bedeutung kommt 
dabei dem Kriterium der Lebensunterhaltssicherung zu. Geduldete haben
in vielen Bundesländern keinen oder nur eingeschränkten Zugang zum 
Arbeitsmarkt. Setzt die Bleiberechtsregelung voraus, dass bereits ein
Arbeitsverhältnis besteht - wie in Vorschlägen von einigen 
Bundesländern vorgesehen -, haben diese Menschen keine Aussicht auf 
ein gesichertes Aufenthaltsrecht. Wir plädieren deshalb für eine 
Aufenthaltserlaubnis, die mit einer Arbeitserlaubnis versehen ist.
Nicht nachvollziehbar sind in diesem Zusammenhang auch die Pläne 
des Bundesinnenministeriums, die Situation von Geduldeten zusätzlich 
zu erschweren: In hohem Maße kritikwürdig ist das Vorhaben, die 
bislang übliche Ankündigung einer bevorstehenden Abschiebung zu 
unterlassen. Das bedeutet, dass Menschen, selbst wenn sie sich seit 
mehr als einem Jahr in Deutschland aufhalten, jeden Tag mit einer 
Abschiebung rechnen müssen. Dies ist insbesondere für Familien mit 
Kindern eine schwere psychische Belastung.
Berlin/Bonn, 24. Juli 2007
Pressestelle der EKD
Karoline Lehmann
Hinweis:
Diese Pressemitteilung wird zeitgleich von der Pressestelle der 
Evangelischen Kirche in Deutschland und der Pressestelle im 
Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht.
Evangelische Kirche in Deutschland
Hans-Christof Vetter
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail:  christof.vetter@ekd.de

Original-Content von: EKD - Evangelische Kirche in Deutschland, übermittelt durch news aktuell

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