Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V.
DStGB und BayGT zur Unternehmensteuerreform: Kein Spielraum zur Entlastung der Wirtschaft - Gewerbesteuer unverzichtbar - Gemeinden bei Hartz IV dauerhaft entlasten
Berlin (ots)
"Die Städte und Gemeinden sind offen für niedrigere nominale Steuersätze im Zuge einer Unternehmensteuerreform. "Es muss allerdings gewährleistet sein, dass die Leistungsfähigkeit der Kommunen auch nach einer solchen Reform erhalten und ihre Investitionskraft endlich gestärkt wird", sagten der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Dr. Uwe Brandl, und der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Dr. Gerd Landsberg, heute in München. "Wir sehen den politischen Handlungsdruck, der sich aus den im internationalen Vergleich hohen nominalen Unternehmensteuern ergibt, auch wenn die meisten Unternehmen diese nominalen Steuersätze überhaupt nicht zahlen", sagten Brandl und Landsberg weiter.
Angesichts der dramatischen Finanzsituation der Kommunen gebe es jedoch keinen weiteren Spielraum für die Entlastung der Wirtschaft. Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger will leistungsfähige Kommunen und einen sozialen Staat. "Sozial kann der Staat aber nur sein, wenn er seine eigene Finanzausstattung nicht immer weiter reduziert. Die Gleichen, die heute die Entlastung der Wirtschaft fordern, verlangen morgen mehr Bildung, mehr Integration, eine bessere Absicherung im Alter und mehr Investitionen in Schulen und Forschung. Das funktioniert nicht" sagte Brandl. Niedrigere Steuersätze müssen deshalb durch eine breitere Bemessungsgrundlage und durch das Stopfen von Steuerschlupflöchern weitgehend aufkommensneutral ausgeglichen werden.
Die Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen haben sich erfreulich entwickelt und werden sich 2006 bundesweit auf 26,1 Mrd. Euro netto erhöhen. Weniger gut hat sich der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer entwickelt, der auf niedrigem Niveau bei ca. 20,5 Mrd. Euro verharrt. Auch die Kassenkredite explodieren weiter und werden bundesweit im Jahre 2006 auf über 26 Mrd. Euro ansteigen.
Dynamisch entwickeln sich bedauerlicherweise die Ausgaben der Kommunen für soziale Leistungen. Lagen sie 2005 bei 35,5 Mrd. Euro, so werden sie voraussichtlich 2006 - trotz der Entlastung bei Hartz IV - auf 39, 4 Mrd. Euro gewachsen sein. Für eine Entwarnung bei den kommunalen Finanzen gibt es also keinen Anlass. Die Gewerbesteuer ist unverzichtbar für die Städte und Gemeinden. "Die Behauptung, sie sei ein zentraler negativer Standortfaktor, ist falsch. Sie ist nur ein Baustein im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen. Viel wichtiger sind eine gut ausgebaute Infrastruktur und ein positives Lebensumfeld für die Mitarbeiter der Unternehmen. Deswegen brauchen wir eine Verstärkung kommunaler Investitionen für die Infrastruktur, um diesen wichtigen Standortvorteil für Unternehmen zu erhalten und auszubauen" sagte Brandl.
Vor diesem Hintergrund wies Brandl darauf hin, dass der leichte Überschuss der bayerischen Gemeinden im letzten Jahr trügerisch sei. Entspanntes Zurücklehnen wäre völlig fehl am Platze, allenfalls vorsichtiger Optimismus und ein leichtes Durchatmen sei angezeigt. Eine große Zahl von Gemeinden, Märkten und Städten verzeichne keine oder nur eine geringere Verbesserung auf der Einnahmeseite. 790 Gemeinden in Bayern seien letztes Jahr nicht in der Lage gewesen, die vorgeschriebene Mindestzuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt zu erwirtschaften. Dies zeige, wie dramatisch die Finanzsituation in vielen Gemeinden sei.
"Der leichte Finanzierungsüberschuss in der Gesamtheit beruht in erster Linie auf einem drastischen Rückgang der Investitionen", so Präsident Brandl. Ein weiterer Abbau der kommunalen Leistungen aber könne nicht die Lösung sein. In Bayern seien die Sozialausgaben einerseits seit 1998 um 1 Mrd. Euro angestiegen. Im Gegenzug sind allein innerhalb der letzten vier Jahre die Bauinvestitionen in Bayern um ebenfalls 1 Mrd. Euro zurückgegangen. "Sollte diese Entwicklung nicht gestoppt werden können, werden wir künftig praktisch alles in Sozialleistungen stecken müssen." Die Verabredung des Bayerischen Gemeindetags mit der Staatsregierung, gemeinsam dafür zu sorgen, dass die den Kommunen durch Hartz IV zugesprochene Entlastung in Höhe von 2,5 Mrd. Euro realisiert wird, sei bares Geld wert.
Für Bayern fordert Brandl beim kommunalen Finanzausgleich eine bessere Verteilungsgerechtigkeit und eine Vereinfachung des Systems staatlicher Förderungen im Wege von Pauschalierungen.
In Hinblick auf die geplante Unternehmensteuerreform sind sich DStGB und Gemeindetag einig, dass eine Ausweitung der gewinnunabhängigen Elemente bei der Gewerbebesteuerung ein richtiger Schritt in Richtung einer Verstetigung der gemeindlichen Steuereinnahmen ist. Unternehmen müssten die von ihnen in Anspruch genommen kommunalen Leistungen in guten wie in schlechten Zeiten mitfinanzieren. Die Feuerwehr muss in jedem Fall fahren, wenn es im Unternehmen brennt, egal ob es dem Unternehmen gut oder schlecht geht. Der Bayerische Gemeindetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund verwiesen dazu auf ein Argumentationspapier mit zehn Argumenten für die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage bei der Gewerbesteuer.
Abschließend warnten Brandl und Landsberg davor, die Unternehmensteuerreform wie auch die geplanten Änderungen bei Hartz IV ohne die konsequente Einbindung der Kommunen als dritter föderaler Ebene in Deutschland umzusetzen.
Das Zehnpunktepapier zur Gewerbesteuer und aktuelle Finanzübersicht des DStGB findet sich unter www.dstgb.de
Kontakt:
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Sprecher des DStGB
Tel.: 030/77307-225
E-Mail: Franz-Reinhard.Habbel@dstgb.de
und:
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