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"Berliner Morgenpost": Neuer Impuls nötig - Leitartikel von Dominik Bath zur deutschen Wirtschaft

Berlin (ots)

In den Aussagen, wie es um den aktuellen Zustand der deutschen Wirtschaft bestellt ist, waren sich die entscheidenden Bundesminister im Kabinett schon vor der Präsentation des Jahreswirtschaftsberichts weitestgehend einig: "Dramatisch schlecht", nannte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die 0,2 Prozent Wachstum, die Deutschlands Wirtschaft in diesem Jahr noch hinlegen soll. Als "peinlich" bezeichnete Finanzminister Christian Lindner (FDP) die mickrige Prognose. Denn das ist fast nichts - und kommt doch noch etwas Unerwartetes dazwischen, droht die Rezession.

In den Köpfen der Deutschen ist der Wirtschaftseinbruch schon länger da. Höhere Energiepreise, die Inflation in den Supermarktregalen, gestiegene Bauzinsen: Viele Bundesbürger legen derzeit deswegen lieber einen Euro auf die hohe Kante, als ihn auszugeben. Auch das trägt zur deutschen Konjunkturträgheit bei.

Die hiesige Wirtschaft aber hat noch nie allein vom Inlandsgeschäft gelebt. Das Geschäftsmodell Deutschlands basierte jahrzehntelang darauf, auf Basis billig eingekaufter Energie Produkte herzustellen, die in aller Welt gefragt sind. Das funktioniert aus zwei Gründen nun nicht mehr so wie gewohnt. Erstens: Die Zeiten von preiswertem Gas und Strom sind seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vorbei. Und zweitens: Die Weltwirtschaft schlingert, Lieferketten sind unter Druck, und Deutschlands wichtiger Absatzmarkt China hat eine Konjunkturflaute.

Die Wirtschaft ist sich weitestgehend einig, wie man der Lage nun begegnen sollte. Steuern runter, Energiepreise auch, weniger Bürokratie, mehr Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung und verlässliche Rahmenbedingungen. Nur: Das Vertrauen in die Politik, entsprechend zu handeln, hat man unter den Wirtschaftsbossen offenbar nicht mehr. Das zerschnittene Tischtuch zwischen Unternehmen und Regierung hat die Ampel in großen Teilen selbst zu verantworten. Man hat zwar viele Vorschläge, aber selten war man sich in Berlin so uneinig über den richtigen Weg aus der Krise.

Hinzu kommen die Kapriolen rund um den eigenen Haushalt. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mussten SPD, Grüne und FDP sparen. Auch das Wachstumschancengesetz, das Firmen entlasten soll, wurde um Milliarden zusammengestutzt. Aufbruchstimmung erzeugt man so nicht.

Fraglos darf man die polternden Wirtschaftslenker aber auch auf eigene Versäumnisse aufmerksam machen. Es war ja mal alles gut. In den Jahren, als die Energie günstig und Deutschlands Industrieprodukte weltweit gefragt und innovationsstark waren, war das Geschäft ein Selbstläufer. Da hat man es sich bequem gemacht, während Unternehmen aus anderen Staaten etwa mit besseren Lösungen bei der Elektromobilität vorbeigefahren sind und der deutschen Wirtschaft mittlerweile nur noch die Rücklichter zeigen. Auch das ist ein Teil der Wahrheit, wenn man jetzt über die aktuelle Krise spricht.

Dass das Comeback des Exportweltmeisters zeitnah gelingt, ist deshalb zu bezweifeln. Gewarnt hatte davor schon die Union: Im Sommer sprach CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann davon, dass Deutschland der "kranke Mann Europas" sei. Das hat verfangen, auch wenn die Ampel vehement warnt, die eigene Wirtschaft schlechtzureden. Der Weg aus der Krise ist aber auch Psychologie. Für die Bundesregierung bedeutet das nun auch, endlich den notwendigen Impuls für die Unternehmen zu setzen - und so vielleicht das deutsche Lagerfeuer neu zu entfachen.

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