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Bitte kein gläserner Patient!
Leitartikel von Christiane Rebhan zur E-Akte

Berlin (ots)

Bei der Digitalisierung von Behördenleistungen kann man inzwischen nur noch eine fatalistische Grundhaltung einnehmen. Heißt: Besser, es geht irgendetwas voran, als wenn Deutschland weiterhin im Zeitalter staubiger Aktenordner festhängt. Das gilt auch für Bundesgesundheitsminister Lauterbachs Vorstoß zur elektronischen Patientenakte (ePA). Seit zwei Jahrzehnten doktert der Bund an diesem Thema herum, doch bei den Bürgern hat sich die Anwendung kaum durchgesetzt: Weniger als ein Prozent der 74 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland nutzten bisher die ePA. Statt wie ursprünglich geplant die Nutzung der elektronischen Patientenakte freiwillig zu machen, soll sie nun jeder Versicherte erhalten - außer er widerspricht ausdrücklich. Zu viele Fragen sind aber ungeklärt. Zum Beispiel sollen die Gesundheitsdaten pseudonymisiert werden, doch wie weit man dann noch Rückschlüsse auf den einzelnen Kranken ziehen kann - also welche Daten vom Alter bis zum Wohnort herausgefiltert werden -, das konnte der Minister bislang nicht sagen. Auch ob es Anreize für Ärzte gibt, die digitale Akte zu befüllen, wollte Lauterbach nicht versprechen. Dabei ist in jeder Praxis Zeit gleich Geld, und die Zeit wird besser für den Patienten aufgewendet als für das Bereitstellen von Gesundheitsdaten. Lauterbach schwärmt, in Zukunft könnten Kranke direkt zur Teilnahme an einer Studie aufgefordert werden. Das kann für Krebspatienten interessant sein. Überwiegend Gesunde könnten sich durch so eine Aufforderung überwacht fühlen. Noch sensibler wird es, wenn irgendwann das menschliche Genom Teil der Akte wird. Dafür müsste - Stand heute - das Gesundheitsdatennutzungsgesetz angepasst werden.

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