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BERLINER MORGENPOST: Gefährliche Anzeichen
Leitartikel von Lorenz Vossen zu Berliner Wirtschaft

Berlin (ots)

Kurzform: Bei der Berliner Industrie- und Handelskammer waren sie dann doch überrascht, wie negativ die Wirtschaft in der Hauptstadt die hiesige Lage beurteilt. Laut den Ergebnissen einer Befragung ziehen düstere Wolken am Himmel auf. Egal, ob es um Verwaltung, Neubau, Verkehr, Gewerbeflächen oder Bildung geht - mindestens drei von vier Unternehmen bewerten die Politik des Berliner Senats auf den einzelnen Feldern als unbefriedigend. Diesen Unternehmen, der Wirtschaft allgemein müsste der Berliner Senat eigentlich den roten Teppich ausrollen - oder zumindest mal auf sie hören. Ohne starke Unternehmen keine Steuereinnahmen, keine vollen Sozialkassen, kein Schulneubau und keine Verkehrswende. Doch statt den Dialog zu suchen, verrennt sich die Koalition lieber im Klein-Klein, diskutiert über Unisextoiletten in der Verwaltung und gründet eine Regenwasseragentur.

Der vollständige Leitartikel: Eigentlich scheint alles wunderbar. Die Auftragsbücher sind voll, die Arbeitslosigkeit sinkt, man könnte meinen, der Berliner Wirtschaft gehe es prächtig. Bei der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) waren sie dann doch überrascht, wie negativ die Wirtschaft in der Hauptstadt die hiesige Lage beurteilt. Laut den Ergebnissen einer Befragung ziehen düstere Wolken am Himmel auf. Egal, ob es um Verwaltung, Neubau, Verkehr, Gewerbeflächen oder Bildung geht - mindestens drei von vier Unternehmen bewerten die Politik des Berliner Senats auf den einzelnen Feldern als unbefriedigend, am schlechtesten, mit 92 Prozent Unzufriedenheit, schneidet die Industriepolitik ab. "Man darf sich Sorgen machen", warnt IHK-Chef Jan Eder. Es sind gefährliche Anzeichen. Denn um die Weltwirtschaft, von der auch die Berliner Wirtschaft abhängig ist, steht es aktuell gar nicht gut: der Handelskrieg zwischen den USA und China, die Strafzölle - die Prognosen sind schlecht. Erstes prominentes Opfer ist Daimler, das am Donnerstag eine Gewinnwarnung herausgab. Politiker und Experten aller Couleur warnen bereits vor der nächsten großen Wirtschaftskrise. Und auch in Berlin gibt es natürlich etliche Unternehmen, die global agieren und viele Menschen beschäftigen: die Bahn, Siemens, Vattenfall. Diesen Unternehmen, der Wirtschaft allgemein müsste der Berliner Senat eigentlich den roten Teppich ausrollen - oder zumindest mal auf sie hören. Ohne starke Unternehmen keine Steuereinnahmen, keine vollen Sozialkassen, kein Schulneubau und keine Verkehrswende. Doch statt den Dialog zu suchen, verrennt sich die Koalition lieber im Klein-Klein, diskutiert über Unisextoiletten in der Verwaltung und gründet eine Regenwasseragentur. Sicher, Berlin ist immer noch sexy und nicht mehr so arm, aber die Standortfaktoren haben sich verbraucht. Das Leben in der Hauptstadt ist teurer geworden, die freien Flächen sind verschwunden und das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (BIP) wächst nicht im gleichen Maß wie die Bevölkerung. Berlin dümpelt beim BIP im Mittelfeld der Republik. Gleichzeitig steigen die Mieten, nicht nur für die Einwohner, sondern auch für die Unternehmen. Es gibt also einen großen Handlungsbedarf. Aber die aktuelle rot-rot-grüne Regierung vermag die Zeichen der Zeit nicht zu deuten. Zum Beispiel bei der Infrastruktur, einer der Hauptkritikpunkte der Unternehmen. Ja, Berlin wird in Kürze sein Mobilitätsgesetz verabschieden. Die Wirtschaft hat mehrmals gewarnt, dass die Bevorzugung der Radfahrer am Ende nicht zu Lasten des Wirtschaftsverkehrs gehen darf. Doch genau das droht nun. Denn das Straßenland soll neu aufgeteilt werden. Aber die 3,7-Millionen-Einwohner-Stadt Berlin braucht auch einen funktionierenden Lieferverkehr. Nicht alles kann man mit einem Lastenrad transportieren. Auch bei einem weiteren Punkt gibt es Probleme im rot-rot-grünen Senat: bei den Flächen. Die Wirtschaft befürchtet im Rennen um die raren Grundstücke in der Stadt gegenüber dem Wohnungsbau ins Hintertreffen zu geraten. Der Konflikt geht hier quer durch den Senat. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) und Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) streiten um den richtigen Weg. Dabei ist es erklärtes Ziel: wohnen und arbeiten gemeinsam zu denken. Berlin steht im Wettbewerb mit anderen attraktiven Metropolen. Die Politik kann die Wirtschaft nicht ersetzen, sollte sie auch nicht. Aber der Senat muss Rahmenbedingungen schaffen, damit die Berliner Unternehmen auch in Zukunft noch gut dastehen. Die Unternehmer sehen die aktuelle Politik allerdings mit großer Sorge.

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