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Berliner Morgenpost: Zu den Brandanschlägen in Berlin

Berlin (ots)

Jetzt hat es Bärenmenü getroffen. Unbekannte haben
Autos angezündet, die Kinder in Kitas und Schulen mit Essen 
beliefern. Das Unternehmen sei Teil eines Konzerns, der auch Militär 
und Haftanstalten versorge, lautet die krude Begründung der 
linksextremen Täter. Zuvor mussten schon Paketversender, die Bahn 
oder Umzugsautos im Weltbild der Brandstifter die Übel des 
Kapitalismus verkörpern. Angesichts solcher Angriffsziele muss sich 
sogar jeder aufrechte Revolutionär schämen. Die Zielscheibe der 
Weltverbesserer zeigt ganz kleines Karo.
Aber die Lage ist zu ernst für Spott: Die systematischen Anschläge 
auf Unternehmen gehen über die zur skandalösen Normalität gewordenen 
Zündeleien an Privatautos hinaus. Hier sind keine versprengten 
Einzeltäter am Werk, die in dunklen Straßen Gelegenheiten nutzen, 
sondern organisierte Gruppen. Das hat eine neue Qualität. Aus der 
"Spaß-Guerilla" gegen den Zuzug von Normal- und Besserverdienern in 
bestimmte Stadtteile hat sich Terrorismus entwickelt.
Man darf in diesen Krisenzeiten am kapitalistischen System zweifeln. 
Es ist legitim, wenn auch ökonomisch unsinnig, vom Staat Jobs für 
alle Arbeitslosen zu fordern. Jedem ist es unbenommen, sich nach 
Zeiten zurückzusehnen, als die Häuser besetzt, das Bier billig und 
die Bürger weit weg waren. Und es ist sogar geboten, darauf 
hinzuweisen, dass unsere Gesellschaft viele arme, arbeitslose oder 
kranke Menschen abkoppelt. Was die jedoch davon haben, wenn der 
Mercedes eines Facharbeiters oder der Transporter von Bärenmenü 
brennt, erschließt sich niemandem. Die Gewalt richtet sich gegen 
Dinge, bedroht aber in einer unsäglich selbstgerechten Weise die 
Lebensentwürfe und Geschäftsideen anderer Menschen. "Die Grenze 
verläuft nicht zwischen oben und unten, sondern zwischen dir und 
mir", heißt ein Spruch in der Nähe der Autonomen-Hochburg Köpi in 
Mitte. Wir sind also der Feind. Menschen, die sich eine Wohnung in 
Friedrichshain kaufen. Oder mit ihrem Audi zum Essen nach Kreuzberg 
fahren. Vielleicht einen Anzug tragen oder ein Fahrrad für 1000 Euro 
besitzen. Die Perspektive der Kämpfer ist irreal: Wer ernsthaft "die 
Straßen von Mitte für die Menschen zurückerobern" will, hat wohl noch
nie die Massen gesehen, die dort jeden Tag und jede Nacht mit Lust 
unterwegs sind.
Gerade das ökoliberale Milieu, das insgeheim dachte, was fahren die 
auch mit ihren dicken Autos nach Kreuzberg, muss sich entscheiden: 
Wollen wir uns einer faschistoiden Lebensstil-Diktatur unterwerfen? 
Haben wir Sympathie für Leute, die sich anmaßen zu entscheiden, 
welche Menschen in einem Stadtteil zugelassen sind und welche nicht? 
Berlins linke und alternative Parteien müssen den 
pseudorevolutionären Kämpfern endlich entschlossen entgegentreten. 
Wer wie die Grünen die Besetzung des Flughafens Tempelhof und somit 
den Höhepunkt der autonomen "Action Weeks" unterstützt, ermuntert die
anreisenden Easyjet-Revolutionäre in ihrem diktatorischen Unwesen, 
das kein aufgeklärter Großstädter tolerieren kann.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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