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Berliner Morgenpost: Die Schulleiter aus Berlin-Mitte haben Mut - Kommentar

Berlin (ots)

Der Brief ist eine Bankrotterklärung. 68
Schulleiter aus Mitte legen schriftlich dar, dass sie gegenwärtig 
nicht mehr in der Lage sind, den vom Schulgesetz auferlegten 
Bildungsauftrag guten Gewissens zu erfüllen. Gute Schüler würden 
scharenweise aus dem Bezirk oder dem öffentlichen Schulsystem 
fliehen, heißt es weiter. Nüchtern und durchaus bemüht, Panikmache zu
vermeiden, wenden sich die Schulleiter an die zuständigen Politiker 
auf Bezirks- und Senatsebene. Sie fordern Gehör, bitten um mehr 
Wertschätzung für ihre anstrengende Arbeit und um eine ehrliche 
Diskussion über die bittere Realität.
Die Probleme, die sie benennen, sind nicht neu. Die Forderungen, die 
sie aufstellen, sind keinesfalls außergewöhnlich. Gebundene 
Ganztagsschulen fordern ausreichend Personal und Räumlichkeiten, um 
das Konzept einer ganztägigen Schule umsetzen und nicht nur Betreuung
anbieten zu können. Schulen in sozialen Brennpunkten rufen nach mehr 
Unterstützung, um dem hohen Anteil von Schülern aus Migranten- oder 
sozial benachteiligten Familien gerecht werden zu können. Außerdem 
geht es um die langfristige Einstellung geeigneter Hausmeister und 
Sekretärinnen sowie um eine angemessene bauliche Unterhaltung der 
Schulen. Auch mehr Sozialarbeiter und Schulpsychologen werden 
gefordert.
Das alles sind Grundvoraussetzungen, um einen guten Schulbetrieb zu 
gewährleisten. Es geht hier nicht um die Einforderung zusätzlicher 
Angebote oder Ausstattungen, sondern um dringend nötige 
Rahmenbedingungen dafür, Schüler angemessen zu unterrichten und im 
Wettbewerb mit Privatschulen gerüstet zu sein.
Der Brief der Schulleiter ist mutig. Endlich wird laut und deutlich 
Farbe bekannt. Nicht alle Schulen sind gleich betroffen, aber alle 
Schulleiter haben unterzeichnet. Gemeinsam wollen sie auf die prekäre
Lage aufmerksam machen. Es ist immerhin der Regierungsbezirk, in dem 
Armut, Sprachnot, jugendliche Intensivtäter, Schulabbrecher und 
Analphabetentum sich ballen.
Dass immer mehr bildungsbewusste Eltern den öffentlichen Schulen des 
Bezirks den Rücken kehren und ihre Kinder an Privatschulen anmelden, 
ist angesichts der benannten Tatsachen nachvollziehbare Notwehr. Und 
wird noch verständlicher, wenn die Schulleiter in ihrem Brief 
berichten, dass Schüler der 10. Klassen in Mitte aufgrund ihrer 
Leistungen viel geringere Ausbildungschancen als in anderen Bezirken 
haben und die Vermittlungsquote in Ausbildung zumindest an den 
Haupt-, Gesamt- und Realschulen so gut wie nicht mehr vorhanden ist.
Angesichts der von den Schulleitern aufgeführten Fakten ist eines 
klar: Die 50 Millionen Euro, die 2009 zusätzlich für die Sanierung 
der Schulen bereitgestellt werden sollen, sind ein Tropfen auf den 
heißen Stein. Die tatsächlichen Probleme wird dieses Geld nicht 
lösen. Hier sind andere Strategien gefragt. Die erste: Die 
verantwortlichen Politiker müssen den Tatsachen endlich offen ins 
Gesicht sehen. Die Realität darf nicht mehr länger tabu sein.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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